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Gorlin-Syndrom
Krankheitsdefinition
Eine seltene, autosomal-dominant vererbte Erbkrankheit mit Hamartose, die durch multiple, früh auftretende Basalzellkarzinome (BCC), multiple Kieferkeratozysten und Skelettanomalien gekennzeichnet ist.
ORPHA:377
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Basalzell-Naevus-Syndrom
- Gorlin-Goltz-Syndrom
- NBCCS
- Naevoides Basalzellkarzinom-Syndrom
- Prävalenz: 1-9 / 100 000
- Erbgang: Autosomal-dominant
- Manifestationsalter: Jugendalter, Erwachsenenalter
- ICD-10: C44.9
- ICD-11: LD2D.4
- OMIM: 109400
- UMLS: C0004779
- MeSH: D001478
- GARD: 7166
- MedDRA: 10062804
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz des Gorlin-Syndroms (GS) wird auf 1/30.000-1/164.000 geschätzt. Die Geburtsinzidenz wird mit 1/19.000 angegeben.
Klinische Beschreibung
GS ist charakterisiert durch das frühe Auftreten von odontogenen Keratozysten im Unterkiefer (2. Lebensjahrzehnt) und/oder multiplen BCCs, die am häufigsten im Gesicht, am Rücken und auf der Brust auftreten (3. Lebensjahrzehnt). Ungefähr 60 % der Betroffenen zeigen ein typisches Erscheinungsbild mit Makrozephalie, prominenter Stirn, groben Gesichtszügen und Gesichtsmilien. Im Alter von 20 Jahren sind bei mehr 90 % der betroffenen Personen ektopische Verkalkungen (insbesondere des Falx cerebri) vorhanden. Palmar- oder Plantargruben (asymmetrisch, 2-3 mm im Durchmesser, 1-3 mm in der Tiefe und sich in der 2. Dekade entwickelnd) und Skelettanomalien (Verschmelzung von Wirbeln, keilförmige Wirbel, bifide oder verschmolzene Rippen, Halbwirbel, Kyphoskoliose, Pectusdeformität, Sprengeldeformität, Syndaktylie, Polydaktylien) sind ebenfalls assoziiert. Weitere Merkmale sind Gesichtsdysmorphien (Lippen-/Gaumenspalte, Makrozephalie), Augenanomalien (Katarakt, Kolobom, Mikrophthalmus) und lymphomesenterische Zysten. Eine Prädisposition für maligne oder benigne Tumore wie Medulloblastom, Meningeom, papilläres Fibroelastom des Herzens, Ovarialfibrom (häufig bilateral und verkalkt), Fibrosarkom und Nephroblastom wird beobachtet.
Ätiologie
Ursache des GS sind Mutationen im PTCH1-Gen (9q22.3) für den Patched-Rezeptor, einem negativen Regulator der Effekte von Sonic Hedgehog. Umweltexposition und andere Modifikatorgene (SUFU; PTCH2) können zu der variablen Expressivität beitragen, die bei der klinischen Präsentation beobachtet wird. Mutationen in PTCH1 sind auch für die Mehrzahl der Merkmale bei Monosomie 9q22.3 verantwortlich.
Diagnostische Verfahren
Das komplexe klinische Bild dieses Syndroms erschwert seine Diagnose. Deshalb sind spezifische diagnostische Kriterien erforderlich. Die Diagnose basiert auf dem Vorhandensein von zwei Hauptkriterien und einem Nebenkriterium oder einem Haupt- und drei Nebenkriterien. Körperliche Untersuchung, Röntgen, ophthalmologische Beurteilung, zahnärztliche oder kieferorthopädische Untersuchung, Hautuntersuchung, Ultraschalltest und Echokardiographie sind für die Identifizierung der Kriterien, die zur Diagnose führen, unerlässlich. Der Nachweis einer heterozygoten Keimbahnmutation im-PTCH1-Gen oder einer pathogenen Variante im SUFU-Gen durch einen molekulargenetischen Test unterstützt die Diagnose, wenn die klinischen Merkmale nicht schlüssig sind.
Differentialdiagnose
Zu den Differentialdiagnosen gehören: Sotos-Syndrom, Brooke-Spiegler-Syndrom, Bazex-Syndrom, Rombo-Syndrom, Muir-Torre-Syndrom, Beckwith-Wiedemann-Syndrom, isolierte Hydrozephalie oder Megalenzephalie, ein autosomal-dominantes oder X-chromosomales Hypotrichose-Syndrom.
Pränataldiagnostik
Eine vorgeburtliche Diagnostik ist mittels Fehlbildungs-Ultraschall und DNA-Analyse in fetalen Zellen (Amniozentese oder Choriozottenbiopsie) möglich. Die Präimplantationsdiagnostik kann Familien vorgeschlagen werden, in denen die pathogene Variante bereits identifiziert wurde.
Genetische Beratung
Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant, mit hoher Penetranz und variabler Expressivität. Eine Bewertung und Beratung zum genetischen Krebsrisiko sowie eine Beratung von Familien mit einer mutmaßlichen pathogenen de novo-Variante ist sinnvoll. Der optimale Zeitpunkt für die Bestimmung des genetischen Risikos und die Diskussion über die Verfügbarkeit von pränatalen Tests ist vor der Schwangerschaft. Jungen Erwachsenen, die betroffen oder gefährdet sind, soll eine genetische Beratung angeboten werden (einschließlich einer Aufklärung über mögliche Risiken für die Nachkommenschaft und Reproduktionsmöglichkeiten).
Management und Behandlung
Die bevorzugte Behandlungsmethode bei multiplen BCC besteht aus einem kombinierten Ansatz, der eine chirurgische Entfernung umfasst, die durch Kryotherapie, Laser, photodynamische Therapie oder topische Behandlungen ergänzt wird. Die Verwendung von oralen Retinoiden wird ebenfalls empfohlen. Orales Vismodegib kann die Entwicklung von BCC reduzieren, aber unerwünschte Nebenwirkungen sind häufig. Sonic-Hedgehog-Inhibitoren können besonders bei Läsionen um die Augen hilfreich sein. Eine Strahlentherapie muss vermieden werden, da sie Jahre später eine Invasion des BCC verursachen kann. Die photodynamische Therapie ist besonders für dünne Läsionen von <2 mm im Ultraschall geeignet. Die chirurgische Behandlung mittels Mohs'scher Mikrochirurgie erscheint besonders effektiv. Kieferkeratozysten sind häufig rezidivierend und erfordern wiederholte chirurgische Exzisionen. Ovarialfibrome werden in der Regel mit konservativer Chirurgie behandelt, um normales Ovarialgewebe zu erhalten.
Prognose
Die Lebenserwartung bei GS ist nicht beeinträchtigt. Eine frühzeitige Diagnose ist wichtig wegen der Anfälligkeit für multiple Neoplasmen im frühen Alter. Ovarialtumoren sind in der Regel gutartig mit dem Risiko eines Rezidivs. Bei jungen Patienten können odontogene Keratozysten im Unterkiefer zu einer Verschiebung der sich entwickelnden Zähne führen und können mit nicht durchgebrochenen Zähnen assoziiert sein und eine Wurzelresorption verursachen.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: English (2019) Español (2019) Français (2019) Italiano (2019) Nederlands (2019) Russian (2019, pdf) Greek (2008, pdf) Hebrew (2020, pdf) Suomi (2021, pdf)
Detaillierte Informationen
Leitlinien
- Klinische Leitlinien
- English (2011) - Am J Med Genet
- English (2022) - Br J Dermatol
- Leitlinien Anaesthesiologie
- Suomi (2021, pdf) - Orphanet
Übersichtsartikel
- Review-Artikel
- English (2008) - Orphanet J Rare Dis
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2023) - GeneReviews
- Diagnosekriterien
- English (2005) - Eur J Pediatr
Genetische Tests
- Empfehlungen für den Gentest
- English (2011) - Eur J Hum Genet


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