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Glutaryl-CoA-Dehydrogenase-Mangel
Krankheitsdefinition
Der Glutaryl-CoA-Dehydrogenase (GCDH)-Mangel (Glutarazidurie Typ I, GA1) ist eine autosomal-rezessiv vererbte neurometabolische Störung und klinisch gekennzeichnet durch enzephalopathische Krisen mit Striatum-Läsionen und schwerer dystonisch-dyskinetischer Bewegungsstörung.
ORPHA:25
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- GA1
- GCDHD
- Glutarazidurie Typ 1
- Glutarazidämie Typ 1
- Glutaryl-Coenzym A -Dehydrogenase-Mangel
- Prävalenz: Unbekannt
- Erbgang: Autosomal-rezessiv
- Manifestationsalter: Kleinkindalter, Neugeborenenzeit
- ICD-10: E72.3
- ICD-11: 5C50.E1
- OMIM: 231670
- UMLS: C0268595
- MeSH: C536833
- GARD: 6522
- MedDRA: -
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz bei Geburt wird weltweit auf 1: 100.000 geschätzt. Gehäuft tritt die GA1 in der Gemeinschaft der ,,Old Order Amish'', bei den kanadischen Oji-Cree-Indianern, den Irish Travelers und beim Volk der Lumbee in North Carolina auf.
Klinische Beschreibung
Neugeborene sind meist symptomfrei, haben aber in 75% der Fälle eine Makrozephalie und sind möglicherweise auch hypoton und reizbar. Wenn die Krankheit undiagnostiziert bleibt, tritt erstmals nach 3-36 Monaten eine akute enzephalopathische Krise auf. Ausgelöst wird sie typischerweise durch eine interkurrente Fiebererkrankung, eine Impfung oder einen chirurgischen Eingriff. Symptome sind Muskelhypotonie, Verlust motorischer Fähigkeiten und Krämpfe, die zu beidseitigen Striatum-Läsionen mit schwerer sekundärer Dystonie und gelegentlich zu subduralen und retinalen Blutungen führen. Die GA1 kann sich in außergewöhnlichen Fällen mit Hypoglykämie und Azidose manifestieren. Mit zunehmendem Alter (>6 Jahre) und einer geeigneten Behandlung nimmt das Risiko enzephalopathischer Krisen ab. Bei einigen Patienten entwickeln sich Muskelhypotonie und Dystonie graduell und ohne enzephalopathische Krise; dies wird als GA1 mit spätem oder schleichendem Beginn bezeichnet.
Ätiologie
Ursache der GA1 sind Mutationen im GCDH-Gen (19p13.2). Die GCDH ist am enzymatischen Abbau von L-Lysin, L-Hydroxylysin und L-Tryptophan beteiligt. Es wurden mehr als 200 Mutationen beschrieben. Charakteristischer Laborbefund der GA1 ist die Akkumulation von Glutarsäure (GA), 3-Hydroxyglutar (3-OH-GA)- und Glutaconsäure sowie von Glutarylcarnitin in den Körperflüssigkeiten.
Diagnostische Verfahren
Eine präsymptomatische Erkennung ist im Routine-Screening für Neugeborene, das in einigen Ländern eingerichtet wurde, möglich. Ist dieses nicht verfügbar, so folgt die Verdachtsdiagnose aus den klinischen Befunden und kann durch neuroradiologische Befunde (weit geöffnete Opercula, Läsionen der Basalganglien) gestützt werden. Die Diagnose wird bestätigt durch Analyse der organischen Säuren im Urin mittels Gaschromatographie-Massenspektrometrie und/oder Tandem-Massenspektrometrie (Acylcarnitine) und dem Nachweis erhöhter GA-, 3-OH-GA-, Glutaconsäure- und Glutarylcarnitin-Konzentrationen.
Differentialdiagnose
Die GA1wird oft fehldiagnostiziert. Differentialdiagnosen sind: Enzephalitis, Reye-Syndrom, familiäre infantile bilaterale Striatum-Nekrose, familiäre Megalenzephalie, post-enzephalitischer Parkinson (siehe jeweils dort), dystone Zerebralparese, Battered-Child-Syndrom mit chronischen subduralen Hämatomen, plötzlicher Kindstod und Hirnschädigung im Rahmen eines im Schadens.
Pränataldiagnostik
Eine vorgeburtliche Diagnostik kann in Chorionzotten durch Mutationsanalyse und durch Bestimmung der GCDH-Enzymaktivität oder durch Messung der GA-Spiegel in der Amnionflüssigkeit erfolgen. Die vorgeburtliche Diagnose muss durch Nachweis der ursächlichen Mutationen gesichert werden.
Genetische Beratung
Die GA1 wird autosomal-rezessiv vererbt. Eine genetische Beratung wird empfohlen und sollte betroffenen Familien zusammen mit Gentests angeboten werden.
Management und Behandlung
Die tägliche Behandlung besteht in lysinarmer Diät und Carnitin-Supplementierung. Während interkurrenter Erkrankungen. ist eine unverzügliche Notfallbehandlung erforderlich. Zur Behandlung während akuter Episoden gehören: Die (besonders wichtige) Erhöhung der Energiezufuhr (20-100% über RDI), das Vermeiden natürlicher Proteine für einen Zeitraum von 24-48 Stunden, gefolgt von deren schrittweiser Wiedereinführung; Verdoppelte L-Carnitin-Supplementierung und engmaschige Kontrolle des Glukose-, Elektrolyt- und Flüssigkeitsgleichgewichts sowie des Harnstoff- und Leberstatus durch ein erfahrenes, interdisziplinäres Team. Die Einhaltung der Empfehlungen für die Notfallbehandlung ist entscheidend, um neurologische Schäden und eine nachfolgende sekundäre Dystonie zu vermeiden.
Prognose
Die Prognose hängt von einer rechtzeitigen Diagnose und dem anschließenden Management und der Behandlung der Krankheit ab. Die GA1 gilt heute als behandelbar.
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