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Polyzythämie, familiäre primäre
Krankheitsdefinition
Die Primäre familiäre Polyzythämie (PFP) ist eine vererbte hämatologische Erkrankung, verursacht durch Mutationen im Gen für den Erythropoetin (EPO)-Rezeptor. Sie ist gekennzeichnet durch erhöhte absolute Erythrozytenmasse als Folge unkontrollierter Erythropoese bei niedrigen EPO-Spiegeln.
ORPHA:90042
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz ist nicht bekannt.
Klinische Beschreibung
Die hämatologischen Veränderungen bestehen schon bei der Geburt, klinische Symptome (Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Nasenbluten, Belastungsdyspnoe) beginnen dagegen erst während der Kindheit oder im Erwachsenenalter. Thrombotische Ereignisse wurden beobachtet. Zu den hämatologischen Merkmalen der PFP zählen: Erythrozytose ohne Übergang in eine Leukämie oder andere myeloproliferative Krankheiten, Fehlen einer Splenomegalie, normale Leukozyten- und Thrombozytenzahlen und niedrige EPO-Plasmaspiegel.
Ätiologie
Ursache der PFP sind Mutationen im Gen für den EPO-Rezeptor (EPOR, 19p13.3-p13.2), die zu Hypersensitivität des Rezeptors für EPO führen. Der Rezeptor ist in der Erythropoese konstitutiv aktiv, ein Mechanismus zu seinem 'Abschalten' fehlt. Die Vererbung ist autosomal-dominant. Sporadische Fälle wurden beschrieben. Bisher wurden mindestens 14 verschiedene Mutationen beschrieben.
Diagnostische Verfahren
Zur Diagnose führen familiäres Auftreten einer isolierten Erythrozytose ohne Splenomegalie, niedrige EPO-Serumspiegel, normale Sauerstoffaffinität des Hämoglobins und EPO-Hypersensitivität der roten Vorstufen im Knochenmark.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind (i) Polycythaemia vera (s. dort), obwohl bei PFP keine Neigung zu leukämischer Transformation oder zur Entwicklung anderer myeloproliferativer Neoplasmen besteht, und (ii) sekundäre Polyzythämie (s. dort). Eine Polycythaemia vera kann durch das Fehlen einer Mutation im JAK2-Gen (9p24) ausgeschlossen werden. Eine sekundäre Polyzythämie ist bei normalen oder hohen EPO-Spiegeln anzunehmen.
Management und Behandlung
Die Patienten mit Polyzythämie werden individuell nach ihren jeweiligen Besonderheiten beurteilt. Die Reduktion des Hämatokrit (Hk) durch Aderlässe kann hilfreich sein, da hierdurch die Viskosität des Blutes vermindert und die klinische Symptomatik gebessert wird. Jedoch wird das erhöhte Risiko für kardiovaskuläre Morbidität durch eine Normalisierung des Hk nicht ausgeglichen. Wenn eine Aderlass-Therapie für sinnvoll erachtet wird, sprechen die wenigen bisherigen Erfahrungen für deren Beginn bei Hk-Werten über 54%. Bei Patienten mit erhöhtem Thromboserisiko, vorangegangenen Thrombosen, peripherer Gefäßerkrankung, Diabetes oder Hypertonie sollten Aderlässe aber schon bei Hk-Werten unter 54% erwogen werden. Wenn keine spezifische Kontraindikation besteht, ist bei Patienten mit Erythrozytose niedrig dosiertes Aspirin hilfreich und relativ sicher.
Prognose
In den frühen Lebensjahren hat die PVP einen benignen klinischen Verlauf und ist nicht unbedingt mit einer ungünstigen Prognose verbunden. Im späteren Leben besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für Thrombosen und Gefäßerkrankungen.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: English (2010) Español (2010) Français (2010) Italiano (2010) Nederlands (2010) Português (2010)
Detaillierte Informationen
Leitlinien
- Klinische Leitlinien
- English (2005) - Br J Haematol
Übersichtsartikel
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2016) - GeneReviews
Genetische Tests
- Empfehlungen für den Gentest
- English (2012) - Eur J Hum Genet


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