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Mukopolysaccharidose Typ 2
Krankheitsdefinition
Eine lysosomale Speicherkrankheit mit multisystemischer Beteiligung, die zu einer massiven Anhäufung von Glykosaminoglykanen und einer Vielzahl von Symptomen führt, darunter ausgeprägte grobe Gesichtszüge, Kleinwuchs, kardio-respiratorische Beteiligung und Skelettanomalien. Sie manifestiert sich als Kontinuum, das von einer schweren Form mit Neurodegeneration bis zu einer abgeschwächten Form ohne neuronale Beteiligung reicht.
ORPHA:580
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Hunter-Krankheit
- Hunter-Syndrom
- Iduronat 2-Sulfatase-Mangel
- MPS2
- MPSII
- Mukopolysaccharidose Typ II
- Prävalenz: 1-9 / 1 000 000
- Erbgang: X-chromosomal-rezessiv
- Manifestationsalter: Kindesalter
- ICD-10: E76.1
- ICD-11: 5C56.31
- OMIM: 309900
- UMLS: C0026705
- MeSH: D016532
- GARD: 6675
- MedDRA: 10056889
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz der Mukopolysaccharidose Typ 2 (MPS2) bei der Geburt liegt in Europa bei 1/166.000.
Klinische Beschreibung
MPS2-Patienten scheinen bei der Geburt gesund zu sein, wobei die ersten Symptome im Alter von 18 Monaten bis 4 Jahren auftreten. Die Makrozephalie entwickelt sich im Säuglingsalter und die Kinder wachsen zunächst normal oder überdurchschnittlich schnell. Zu den ersten Symptomen gehören: häufige Atemwegsinfektionen (insbesondere Otitis media), Nabel- und Leistenbrüche, hartnäckige Durchfälle, Hepatosplenomegalie und Hautveränderungen, die einer Orangenschale ähneln (an Schulter, Rücken und Oberschenkeln). Ein ausgeprägtes Gesicht mit verdickten Lippen und Nasenlöchern sowie einer vergrößerten und herausstehenden Zunge bildet sich langsam aus und kann zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr, in abgeschwächten Fällen auch später, sichtbar werden. Der Verlauf variiert von einer schweren Form (MPS2, schwere Form) mit früher psychomotorischer Regression bis zu einer abgeschwächten Form (MPS2, abgeschwächte Form), die ohne kognitive Beeinträchtigung auftritt.
Ätiologie
MPS2 entsteht durch einen Mangel an Iduronat-2-Sulfatase (I2S), der zu einer lysosomalen Anhäufung von zwei spezifischen Mucopolysacchariden, Dermatansulfat (DS) und Heparansulfat (HS), führt. Das ursächliche Gen (IDS) wurde in die Chromosomenregion Xq28 kartiert. Bisher wurden etwa 320 verschiedene Mutationen beschrieben.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose basiert auf klinischen Anzeichen und erhöhten DS- und HS-Werten im Urin und wird durch den Nachweis des Enzymmangels im Serum, in Leukozyten oder Fibroblasten oder in getrockneten Blutausstrichen bestätigt. Zum Ausschluß eines Multiplen Sulfatase-Mangels muss auch die Aktivität einer anderen Sulfatase bestimmt werden. Genetische Tests beruhen auf der Suche nach exonischen oder vollständigen Gendeletionen, Punktmutationen im IDS-Gen und in der Promotorregion sowie Rekombinationen mit dem benachbarten IDS2-Pseudogen.
Differentialdiagnose
Zu den Differentialdiagnosen gehören Mukopolysaccharidose Typ 1, 6, 7, Sialidose Typ 2, Mukolipidose Typ 2 und 3 sowie multipler Sulfatasemangel.
Pränataldiagnostik
Die pränatale Diagnose durch Messung der IDS-Aktivität oder durch Mutationsanalyse in Chorionzotten oder Amniozyten wird nur bei männlichen Föten durchgeführt.
Genetische Beratung
Es handelt sich um eine X-chromosomal-rezessiv vererbte Störung. Es erkranken aber nicht nur die hemizygoten Knaben, auch 12 betroffene Mädchen wurden beschrieben. Die meisten von ihnen waren Heterozygote mit schiefer ('skewed') X-Inaktivierung und präferentieller Expression des mutierten Allels.
Management und Behandlung
Bei allen Patienten sollte eine wöchentliche intravenöse Enzymersatztherapie (ERT) in Betracht gezogen werden, die nachweislich die somatischen Symptome lindert. Ein kranialer Shunt sollte durchgeführt werden, um Fälle von Hydrozephalus zu beheben. Eingriffe an Hernien, Tonsillektomie und Adenoidektomie (zur Befreiung der oberen Atemwege) und in einigen Fällen Überdruckbeatmung oder Tracheostomie können erforderlich sein. Im Laufe der Zeit können Herzklappen- oder Hüftgelenkersatz und eine Karpaltunnelentlastung erforderlich werden. Die Patienten müssen regelmäßig echokardiographisch untersucht werden, die Atemfunktion muss überprüft werden, eine vollständige radiologische Untersuchung zur Identifizierung der Dysostosis multiplex, eine kraniale und zervikale MRT mit oder ohne Lumbalpunktion zur Beurteilung des Liquordrucks, Hörtests, Augenuntersuchungen und Nervenleitgeschwindigkeitstests sind erforderlich.
Prognose
Die Prognose ist sehr unterschiedlich. Bei der schweren Form (60-80 % der Fälle) ist die Lebenserwartung stark verkürzt, und der Tod tritt in der Regel vor dem 25. Lebensjahr ein, oft infolge kardio-respiratorischer Komplikationen. Bei der abgeschwächten Form können die Patienten bis ins Erwachsenenalter überleben, manchmal sogar über 60 Jahre hinaus, und geistige Defizite sind in diesen Fällen meist nicht vorhanden.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: English (2019) Español (2019) Français (2019) Italiano (2019) Nederlands (2019) Greek (2013, pdf) Suomi (2013, pdf) Hebrew (2020, pdf) Slovak (2007, pdf)
Detaillierte Informationen
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- Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
- Français (2009, pdf) - Orphanet
- Svenska (2012) - Socialstyrelsen
- Suomi (2013, pdf) - FPD RD unit
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- Klinische Leitlinien
- English (2011) - Orphanet J Rare Dis
- Français (2016) - PNDS
- Leitlinien Anaesthesiologie
- Czech (2014) - Orphananesthesia
- English (2014) - Orphananesthesia
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- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2018) - GeneReviews
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- Patient-Centered Outcome Measures (PCOMs)
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- Empfehlungen für den Gentest
- English (2011) - Eur J Hum Genet


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