Suche Krankheit
Weitere Suchoptionen
Ataxie mit Vitamin E-Mangel
Krankheitsdefinition
Die Ataxie mit Vitamin E-Mangel (AVED) ist eine neurodegenerative Erkrankung aus der Gruppe der erblichen zerebellären Ataxien. Kennzeichnend sind vor allem: Progrediente spino-zerebelläre Ataxie, Verlust der Propriozeption, Areflexie und die Assoziation mit einem deutlichen Mangel an Vitamin E.
ORPHA:96
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- AVED
- Ataxie mit isoliertem Vitamin E-Mangel
- Ataxie, Friedreich-ähnliche
- Isolierter Vitamin E-Mangel
- Vitamin E-Mangel, isolierter familärer
- Prävalenz: 1-9 / 1 000 000
- Erbgang: Autosomal-rezessiv
- Manifestationsalter: Alle Altersgruppen
- ICD-10: G11.1
- OMIM: 277460
- UMLS: C1848533
- MeSH: C535393
- GARD: 8595
- MedDRA: 10047631
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die weltweite Prävalenz ist nicht bekannt, es wurden jedoch Studien auf der Grundlage einzelner Populationen durchgeführt und die Prävalenz kann daraus auf etwa 1/300.000 extrapoliert werden. Die AVED ist die zweithäufigste erbliche zerebelläre Ataxie in Nordafrika. Da ein Vitamin-E-Mangel auch einen Schutz gegen Malaria mit sich bringen kann, könnte dadurch eine höhere Prävalenz der AVED in Plasmodium-verseuchten Regionen erklären.
Klinische Beschreibung
Die AVED wird in der Regel im Alter zwischen 5 und 20 Jahren mit unterschiedlichen Phänotypen und Schweregraden manifest. Fortschreitende spino-zerebelläre Ataxie, Areflexie und Verlust der Propriozeption (vor allem in der distalen Gelenkstellung) und des Vibrationssinnes sind Ursachen einer deutlichen motorischen Ungeschicklichkeit und eines fehlenden Balancegefühls. Die Patienten können ein charakteristisches Schwanken des Kopfs aufweisen. Die Sehnenreflexe sind erheblich reduziert, häufig sind Reflexe des plantaren Streckmuskels. Die Beteiligung des Kleinhirns manifestiert sich häufig als Dysmetrie, Dysdiadochokinese und Dysarthrie. Eine verringerte Sehschärfe mit Retinitis pigmentosa kann ebenfalls beobachtet werden. In einigen Fällen liegt der Beginn der Erkrankung spät (> 30 Jahre) und der Verlauf ist milder. Dagegen ist der Verlauf bei früh ausbrechenden Fällen schwerer, mit einem erhöhten Risiko einer Kardiomyopathie. Insgesamt ähnelt das klinische Erscheinungsbild der AVED sehr dem der Friedreich-Ataxie (siehe dort).
Ätiologie
Ursache der AVED sind Mutationen im Gen für das Alpha-Tocopherol-Transferprotein (TTPA; 8q13). Das TTPA-Protein bindet in der Leber Alpha-Tocopherol (ein Vitamin-E-Isomeres) an Lipoproteine sehr niedriger Dichte (VLDLs). Diese Reaktion unterbleibt bei mutiertem TTPA, sodass Vitamin E nicht in den allgemeinen Kreislauf übertreten kann. Viele Mutationen wurden identifiziert. Die Mutation p.His101Gln ist verantwortlich für die spät beginnende/milde Form, die Mutation c.744delA verursacht die früh beginnende/schwere Form der Erkrankung.
Diagnostische Verfahren
Zur Diagnose führen: Körperliche Untersuchung, Messung des Vitamin E Plasmaspiegels und Ausschluss bekannter Ursachen einer Malabsorption. Laborbefunde im Plasma sind neben dem sehr deutlichen Vitamin-E-Mangel normale Lipid-Werte und ein normales Lipoprotein-Profil. Die Neuro-Bildgebung zeigt in den ersten Stadien der Erkrankung keine offensichtliche zerebelläre Atrophie. Der Befund der Elektromyographie ist in der Regel eine reine sensorische Neuropathie (Gangliopathie). Die Molekularanalyse bestätigt die Diagnose.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind vor allem Friedreich-Ataxie, Sensorisch-ataktische Neuropathie mit Dysarthrie und Ophthalmoplegie (SANDO) die Abetalipoproteinämie (siehe jeweils dort). Weitere autosomal-rezessive zerebelläre Ataxien sind ebenfalls zu berücksichtigen (Refsum-Krankheit, Ataxia telangiectatica, Charcot-Marie-Tooth-Krankheit 1A und Ataxie mit okulomotorischer Apraxie Typen 1 und 2 (siehe jeweils dort)).
Pränataldiagnostik
Eine pränatale Diagnose ist mittels molekulargenetischer Tests möglich, wenn die Mutation in der Familie festgestellt wurde.
Genetische Beratung
Die Erkrankung wird autosomal-rezessiv vererbt. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiteres Kind die Krankheit erbt, beträgt 25%.
Management und Behandlung
Die Behandlung besteht in einer lebenslangen hoch-dosierten Vitamin E-Nahrungsergänzung, die jeden Tag eingenommen werden sollte. Bei früher Behandlung sind einige Symptome reversibel; bei älteren Patienten kann das Fortschreiten der Krankheit verlangsamt werden. Bisher ist noch nicht bekannt, ob in den Familien der Betroffenen eine präventive Behandlung präsymptomatischer Personen mit Vitamin E die Entwicklung einer AVED verhindern kann.
Prognose
Selbst behandelte Patienten haben meist eine schlechte Prognose und werden im Alter zwischen 8 und 20 Jahren rollstuhlpflichtig.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: English (2013) Español (2013) Français (2013) Italiano (2013) Nederlands (2013) Português (2013) Greek (2013, pdf) Polski (2013, pdf)
Detaillierte Informationen
Leitlinien
- Klinische Leitlinien
- Deutsch (2012) - AWMF
Übersichtsartikel
- Review-Artikel
- English (2012) - N Engl J Med
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2016) - GeneReviews


Zusatzinformationen