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Borjeson-Forssman-Lehmann-Syndrom
Krankheitsdefinition
Das Börjeson-Forssman-Lehmann-Syndrom (BFLS) ist ein seltenes, X-chromosomales Adipositas-Syndrom mit geistiger Behinderung, stammbetonter Adipositas, charakteristischen Gesichtsmerkmalen, Hypogonadismus und konischen Fingern und kurzen Zehen.
ORPHA:127
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz ist unbekannt. Bisher wurden ca. 50 Fälle aus 24 Familien sowie sporadische Fälle beschrieben.
Klinische Beschreibung
Das BFLS tritt vor allem bei Jungen auf, es sind jedoch auch mehrere weibliche Patienten mit milder bis gemäßigter Symptomatik in betroffenen Familien und bei isolierten Fällen dokumentiert. Das klinische Bild ist außerordentlich unterschiedlich. Bei der Geburt zeigen sich gelegentlich große Ohren und kleine Genitalien. Der Kopfumfang ist unterschiedlich, alle Säuglinge sind muskelhypoton und trinkschwach. Eine Entwicklungsverzögerung wird häufig vor Ende des ersten Lebensjahres beobachtet. Im späten Kindesalter zeigt sich eine auffallende stammbetonte Adipositas. Die Finger sind überstreckbar und und konisch geformt, die Füße sind in der Regel breit mit gebeugten, kurzen Zehen. Die meisten Patienten sind von kleiner Statur, jedoch sind einige auch normal groß. In der Adoleszenz entwickelt sich eine Gynäkomastie und die Genitalien bleiben meist klein. Außerdem treten in der Adoleszenz charakteristische grobe Gesichtszüge auf, mit tiefliegenden Augen, schmaler Stirn, supraorbitalen Wülsten, Ptose und großen, fleischigen Ohrläppchen. Alle diese Merkmale sind im Erwachsenenalter noch deutlicher ausgeprägt. Das Ausmaß der geistigen Behinderung reicht von leicht bis schwer und ist nicht progredient. Die Patienten sind in der Regel kontaktfreudig und freundlich, einige zeigen jedoch auch Angststörungen, Depressionen und herausforderndes oder hypersexuelles Verhalten. Seltener beschrieben wurden akute T-Zell-Lymphoblasten-Leukämie, Morbus Perthes (LCPD), Lippen-Kiefer- Gaumenspalten (siehe jeweils dort), Hypopituitarismus, Schwerhörigkeit, Epilepsie und milde bis generalisierte Polyneuropathie. Weibliche Genträger sind meist symptomfrei, jedoch kann es bei ihnen in seltenen Fällen zu Lernstörungen sowie einigen der bei männlichen Patienten beobachteten Körpermerkmale kommen.
Ätiologie
Ursache des BFLS sind Mutationen im PHF6-Gen (Xq26). Das Genprodukt PHF6 ist am Zellwachstum und an der Zellproliferation beteiligt. Im Allgemeinen führen Mutationen, die zu einem Verlust oder einer Verringerung der PHF6-Expression führen, zu schwereren klinischen Symptomen. Funktionsverlustmutationen und ungleiche X-Inaktivierung werden zur Erklärung des seltenen Vorkommens symptomatischer weiblicher Patienten herangezogen. Die meisten Fälle familiär, aber auch mehrere isolierte Fälle mit unbekannter Ätiologie wurden beschrieben.
Diagnostische Verfahren
Die Verdachtsdiagnose BFLS folgt aus der klinischen Untersuchung mit dem Nachweis der charakteristischen Symptome. Eine Familienanamnese mit Hinweis auf X-chromosomal- rezessive Vererbung und schiefe X-Inaktivierung bei obligaten weiblichen Überträgern sind weitere diagnostische Indikatoren. Der Nachweis einer PHF6-Mutation kann die Diagnose bestätigen.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind: Coffin-Lowry-, Klinefelter-, Prader-Willi-, Bardet-Biedl- und Wilson-Turner-Syndrom (siehe jeweils dort).
Pränataldiagnostik
Wenn bei der Mutter oder einem betroffenen Vater eine PHF6-Mutation nachgewiesen wurde, ist eine pränatale Diagnose möglich.
Genetische Beratung
Das BFLS wird X-chromosomal vererbt. In der genetischen Beratung wird den Familien die X-chromosomale Vererbung erklärt, um weibliche Überträger zu identifizieren. Nur sehr wenige BFLS-Patienten sind fertil, jedoch können symptomfreie weibliche Überträger die Mutation an ihre Kinder weitergeben.
Management und Behandlung
Für das BFLS gibt es keine kurative Therapie. Das Management und die Behandlung von BFLS erfolgt symptomatisch. Die Heilpädagogik beginnt frühzeitig und dauert über die Adoleszenz bis in das Erwachsenenalter an. Es wird eine gesunde Ernährungsweise empfohlen. Erwachsene benötigen ein unterschiedliches Maß an Betreuung, die in schweren Fällen auch die Unterbringung in einer Einrichtung einschließen kann. Zur Behandlung einer Gynäkomastie ist eine Testosteronersatztherapie und/oder eine bilaterale Mastektomie in Betracht zu ziehen. Wenn es zu Anfällen kommt, werden Antiepileptika verschrieben. Es existieren symptomatische Behandlungen bei LCPD und Beeinträchtigungen des Gehörs. Ein soziales Netz ist wichtig, da BFLS-Patienten aus engen sozialen Beziehungen besonderen Nutzen ziehen.
Prognose
Das BFLS ist nicht lebensbedrohlich, aber aufgrund der damit verbundenen geistigen Behinderung ist die Lebensqualität eingeschränkt und eine lebenslange Betreuung oft erforderlich.
Detaillierte Informationen
Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Polski (2013, pdf)
- Klinische Leitlinien
- Français (2021)
- Praktische Genetik
- English (2006, pdf)
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