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Nijmegen-Chromosomenbruch-Syndrom
Krankheitsdefinition
Das Nijmegen-breakage-Syndrom (NBS) ist eine seltene genetische Krankheit. Mikrozephalie und Dysmorphien sind Symptome bei der Geburt. Mit zunehmendem Alter werden die Patienten auffälliger und sind im Wachstum retardiert. Später stehen maligne Veränderungen und Infektionen im Vordergrund.
ORPHA:647
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- AT V1
- Ataxia-Teleangiectasia Variante 1
- Berlin-breakage-Syndrom
- Immundefekt-Mikrozephalie-Chromosomeninstabilität-Syndrom
- Mikrozephalie-Immundefekt-Lymphoretikulom-Syndrom
- NBS
- Nijmegen-breakage-Syndrom
- Seemanova-Syndrom, Typ 2
- Prävalenz: Unbekannt
- Erbgang: Autosomal-rezessiv
- Manifestationsalter: Kleinkindalter, Neugeborenenzeit
- ICD-10: Q87.8
- OMIM: 251260
- UMLS: C0398791
- MeSH: C531759 D049932
- GARD: 3904
- MedDRA: 10067857
Zusammenfassung
Für diese Krankheit ist ein aktuellere Kurzbeschreibung in der englischen Version verfügbar
Epidemiologie
Die Häufigkeit des NBS ist nicht bekannt. In der Literatur wurden bisher etwa 150 Patienten beschrieben, weitaus mehr Patienten sind in Patienregistern dokumentiert. Die Krankheit kommt wahrscheinlich weltweit vor, wegen einer Gründermutation ist sie in mittel- und osteuropäischen slawischen Populationen besonders häufig.
Klinische Beschreibung
Die klinischen Manifestationen sind nicht pathognomonisch und unterschiedlich schwer. Die wichtigsten Symptome sind Mikrozephalie (bei Geburt vorhanden, mit dem Alter verstärkt) und faziale Dysmorphien (prominentes Mittelgesicht durch fliehende Stirn und fliehendes Kinn). Andere Gesichtsmerkmale sind subtil und unterschiedlich (z.B. schräg aufwärts verlaufende Lidspalten; lange und schnabelförmige Nase oder kurze Nase mit antevertierten und aufwärts gerichteten Nasenlöchern). Bei einigen wenigen Patienten wurden Lippen-Kiefer-Gaumenspalte oder Choanalatresie beschrieben. Häufige Symptome sind leicht verzögertes Wachstum und vorzeitige Ovarialinsuffizienz. Bei der Hälfte der Patienten werden Klinodaktylie der Kleinfinger und Syndaktylie der 2. und 3. Zehe gefunden. Häufig ist die Sprachentwicklung verzögert. Bei 50-70% der Patienten bestehen Café-au-lait- und/oder Vitiligo-Flecken. Kinder mit NBS haben in der Regel dünnes und spärliches Haar, der Befund bessert sich mit zunehmendem Alter. Schon im 2. oder 3. Lebensjahrzehnt kann das Haar ergrauen. Relativ häufig sind angeborene Fehlbildungen der Niere. Weitere Symptome sind Hypospadie, Kryptorchismus und urethro-anale Fistel. Andere typische Manifestationen sind Immunschwäche mit rezidivierenden, zum Teil lebensbedrohlichen Infektionen der Atemwege, starke Disposition zur Entwicklung von Malignomen (vor allem des lymphatischen Systems) und Strahlensensibilität. Mit 20 Jahren hat sich bei mehr als 40% der Patienten eine maligne Erkrankung entwickelt.
Ätiologie
Ursache des NBS sind Mutationen im NBN-Gen (8q21-q24), das für Nibrin kodiert. Dieses Protein ist an der Reparatur der DNA-Doppelstränge beteiligt. Die Mutationen führen zu noch teilweise funktionellen Fragmenten des Nibrins.
Diagnostische Verfahren
Zur Diagnose führen die klinischen Symptome, die Chromosomen-Instabilität (spontan und induziert), die erhöhte Sensitivität der Zellen gegen ionisierende Strahlung in vitro, die kombinierte Immunschwäche, Mutationen in beiden Allelen des NBN-Gens und das vollständige Fehlen von normal langem Nibrin. Um schwere rezidivierende Infektionen, unnötige Strahlenbelastung zu diagnostischen Zwecken und nachteilige Wirkungen einer Strahlentherapie zur Behandlung von Tumoren zu vermeiden, ist eine frühe Diagnose sehr wichtig. Die Analyse der Familiengeschichte (bösartige Tumoren, Mikrozephalie, Hydrozephalus, früher Tod eines Geschwisters) kann die Diagnose unterstützen. Durch molekulare Analyse wird die Diagnose bestätigt.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind: Fanconi-Anämie, Bloom-Syndrom, NBS-ähnliche Krankheiten, Ataxia-telangiectatica-ähnliche Krankheiten, LIG4-Syndrom, NHEJ1-Syndrom und Seckel-Syndrom.
Pränataldiagnostik
Wenn in einer Familie beide die Krankheit verursachenden Mutationen bekannt sind, kann eine vorgeburtliche Diagnostik durch molekulare Analyse angeboten werden.
Genetische Beratung
Die Eltern der betroffenen Kinder sind obligate Träger der NBN-Mutationen (25% Risiko für jede Schwangerschaft). Den Eltern soll eine Krebsüberwachung angeboten werden. Das NBS wird autosomal-rezessiv vererbt.
Management und Behandlung
Eine spezifische Therapie für das NBS gibt es nicht. Wegen des spezifischen Immundefektes und der Strahlenempfindlichkeit benötigen die Patienten eine multidisziplinäre Betreuung und langfristige Kontrollen.
Prognose
Die Prognose ist ungünstig, hauptsächliche Todesursache sind Malignome.
Detaillierte Informationen
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Suomi (2011, pdf)
- Polski (2011, pdf)
- Slovak (2011, pdf)
- Review-Artikel
- English (2012)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2022)
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