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Neuralgische Amyotrophie
Krankheitsdefinition
Die Neuralgische Amyotrophie (NA) ist eine seltene Störung des peripheren Nervensystems mit plötzlich einsetzenden extremen Schmerzen in den oberen Extremitäten und schnell folgender multifokaler Muskelschwäche und -atrophie. Danach setzt langsam, über mehrere Monate oder Jahre, die Erholung ein. Die NA umfasst eine idiopathische (INA, auch als Parsonage-Turner-Syndrom bezeichnet) und eine erbliche (HNA) Form.
ORPHA:2901
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Armplexusneuritis
- Brachial-Plexus-Neuropathie, autoimmune
- Brachialplexitis, akute
- Neuralgische Schultermyatrophie
- Schultergürtel-Syndrom
- Prävalenz: 1-5 / 10 000
- Erbgang: Autosomal-dominant oder Nicht anwendbar
- Manifestationsalter: Erwachsenenalter
- ICD-10: G54.5
- OMIM: 162100
- UMLS: C0221759 C1510479
- MeSH: -
- GARD: 4228
- MedDRA: 10063020
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Inzidenz der NA wird auf 1/50.000-1/30.000 geschätzt, jedoch sind zu geringe Erkennung und anfängliche Fehldiagnosen häufig. Es wird angenommen, dass die INA 10 Mal häufiger ist als die HNA.
Klinische Beschreibung
Die NA kann in jedem Alter auftreten, jedoch wird sie an häufigsten in der dritten bis siebenten Lebensdekade beobachtet. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Die Krankheit beginnt bei Patienten mit HNA in der Regel früher als bei Patienten mit INA, aber klinisch sind beide nahezu ununterscheidbar. Das klassische Erscheinungsbild (71% der Fälle) zeigt sich mit plötzlichem Auftreten von brennenden oder stechenden Schmerzen, meist in den Schultern, im Hals und/oder in den Armen, mit Verbreitung entlang des oberen Plexus brachialis. Diese Schmerzen sind in der Regel unerbittlich, sie verschlimmern sich nachts und dauern etwa 3 Wochen an. Einige Stunden bis Wochen nach dem ersten Einsetzen der Schmerzen folgen Schwäche in den periskapulären und periglenohumeralen Muskeln. Weitere Symptome können aufgrund der Beteiligung von Nerven außerhalb des Plexus brachialis auftreten, etwa des Plexus lumbosacralis oder der phrenischen Nerven. Patienten mit HNA und SEPT9-R88W-Punktmutation zeigen charakteristische Körpermerkmale (z.B. Hypotelorismus, schräge Lidspalten, Epikanthus, ovales Gesicht, Gaumenspalte). Bei einigen Patienten zeigt sich ein rezidivierender/remittierender Verlauf mit symptomfreien Intervallen, während bei anderen eine unvollständige Heilung mit einer bleibenden neurologischen Beeinträchtigung eintritt. Rezidive können auftreten (75% bei der HNA und 25% bei der INA) und ein persistierender Schmerz im Bewegungsapparat entwickelt sich bei 2/3 der Patienten.
Ätiologie
Die Ätiologie ist nicht genau bekannt, aber es wird angenommen, dass genetische, autoimmune und äußere Faktoren beteiligt sind. Der Plexus brachialis ist anfällig für eine mechanische Verletzung und für Attacken, die durch eine immunvermittelte Reaktion in diesem Nerv verursacht werden. Eine Virusinfektion oder Immunisierung kann einer NA vorausgehen. Bakterielle und parasitische Infektionen, eine Operation, eine Anästhesie, eine rheumatische Erkrankung, Trauma, Schwangerschaft und Geburt wurden als mögliche mitwirkende Faktoren für NA-Attacken genannt. Die HNA ist in 50% der Fälle mit einer Punktmutation oder Duplizierung des Suszeptibilitätsgens SEPT9 (17q25.3) assoziiert.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose basiert auf den typischen klinischen Merkmalen und dem Ausschluss anderer Störungen (z.B. Neuroborreliose, zervikale Radikulopathie oder Pancoast-Syndrom) durch Labortests, Elektromyographie, Aufnahmen der Halswirbelsäule und Darstellung des Plexus brachialis. Bei Verdacht auf eine HNA kann ein molekulargenetischer Test zum Nachweis einer SEPT9-Mutation eingesetzt werden, da jedoch die HNA genetisch heterogen ist, schließt ein negativer Test die Diagnose nicht aus.
Pränataldiagnostik
Eine pränatale Diagnose wird nicht routinemäßig angeboten.
Genetische Beratung
Gegenstand der genetischen Beratung ist die Analyse des Suszeptibilitätsgens für HNA.
Management und Behandlung
Zur Behandlung in der akuten Phase gehört das Schmerzmanagement, das sich vor allem auf eine Kombination von langwirkenden Opioiden und nicht-steroidalen Antirheumatika stützt. Patienten mit chronischen Schmerzen können Co-Analgetika gegeben werden. Orales Prednison verringert die Dauer der Schmerzen und beschleunigt die Rekonvaleszenz bei einigen Patienten, wenn es in den ersten Wochen einer Schmerzattacke gegeben wird. Eine tägliche Dosis von 1mg/kg über 1 Woche, die während der zweiten Woche nach und nach verringert wird, wird empfohlen. Eine Nachuntersuchung alle 6 Monate wird empfohlen. Heute gilt eine Rehabilitationstherapie als wichtig und eine übermäßige Belastung des betroffenen Bereichs sollte vermieden werden.
Prognose
Die Prognose ist unterschiedlich, gilt aber als gut und die Patienten erreichen nach 1-2 Jahren wieder 70-90% ihrer vorherigen Gesundheit. Allerdings bleibt bei vielen eine Intoleranz gegen Sportübungen und eine schwache Muskelkoordination in den betroffenen und den kompensierenden Muskeln. Die Lebensqualität kann bei Patienten mit nur unvollständiger Erholung eingeschränkt sein, jedoch erhöhen eine frühe Diagnose und eine geeignete Behandlung die Chancen für eine vollständige Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit.
Detaillierte Informationen
Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Polski (2013, pdf)
- Suomi (2013, pdf)
- Empfehlungen für den Gentest
- English (2010)
Zusatzinformationen