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Ekstrophie-Epispadie-Komplex
ORPHA:322
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Der Ekstrophie-Epispadie-Komplex (EEC) repräsentiert ein Spektrum von Urogenital-Fehlbildungen deren Schweregrad von Epispadie (E) und klassischer Blasenekstrophie (CEB) bis zur Kloaken-Ekstrophie (EC) als schwerster Manifestation reicht. Abhängig vom Schweregrad sind beim EEC die Harnwege, das Muskel- und Skelettsystem, das Becken, der Beckenboden, die Bauchwand und manchmal die Wirbelsäule und der Anus betroffen. Die Prävalenz für das ganze Spektrum bei Geburt wurde als 1:10.000 bestimmt , mit 1:30.000 für CEB und 1:200.000 für EC. Insgesamt sind Knaben häufiger als Mädchen betroffen. Der EEC ist gekennzeichnet durch sichtbare Defekte der unteren Bauchwand, entweder mit evaginierter Blasenplatte (CEB) oder mit einer offenen Urethraplatte bei Knaben und einer Spalte bei Mädchen (E). Der Urin tropft sichtbar auf der Oberfläche der Blase aus den Ureteröffnungen oder durch die Urethra. In den seltenen Fällen von CE sind nach der Geburt zwei ekstrophierte Blasenhälften sichtbar, sowie Omphalozele, Anus imperforatus und Wirbelsäulendefekte. Auch atypische Formen des EEC (duplizierte Ekstrophie, bedeckte Ekstrophie und Pseudo-Ekstrophie) wurden beschrieben. Der EEC resultiert aus einer mechanischen Ruptur oder einer Vergrößerung der Kloakenmembran, wodurch, mit der Folge der Ekstrophie, das Einwachsen mesodermaler Zellen entlang der subumbilikalen Mittellinie verhindert wird. Der Schweregrad der Fehlbildung wird durch den Zeitpunkt der Ruptur bestimmt. Die zugrundeliegende Ursache ist nicht bekannt. Familiäre Fälle sind selten. Wahrscheinlich sind Erb- als auch Umweltfaktoren an der Genese des EEC beteiligt. Die Diagnose wird bei Geburt klinisch gestellt. Eine vorgeburtliche Diagnose ist durch sorgfältigen Fehlbildungs-Ultraschall mit dem Befund möglich, dass mehrfach eine normal gefüllte fetale Blase fehlt. Die Eltern müssen sorgfältig beraten werden, wegen der guten Ergebnisse bei angemessener chirurgischer Behandlung soll ein Abbruch der Schwangerschaft nicht mehr grundsätzlich angeboten werden. Die Behandlung ist primär chirurgisch. Die Ziele sind ein sicherer Verschluss der Bauchwand, Harnkontinenz und Erhalt der Nierenfunktion und schließlich eine kosmetisch und funktionell adäquate Rekonstruktion des Genitales. Gegenwärtig werden weltweit mehrere Methoden der Blasenrekonstruktion in der Neugeborenenzeit mit Formung eines Auslasswiderstandes (in einem oder mehreren Schritten) erfolgreich angewendet. Eine Alternative ist die Entfernung der Blasenanlage mit vollständiger Umleitung des Urins in ein rektales Reservoir. Nach Rekonstruktion der Blase sind im Kindesalter Kontinenzraten von etwa 80% zu erwarten. Das spontane Wasserlassen ist das Hauptproblem, und zusätzliche chirurgische Eingriffe sind evtl. erforderlich, um die Speicher- und Entleerungsfunktion zu optimieren. In Fällen von definitivem Versagen der Rekonstruktion soll eine Umleitung des Urins erfolgen. In der Pubertät sind für beide Geschlechter die Geschlechts- und Fortpflanzungsfunktion ein zunehmend wichtiges Thema. Für die psychosoziale und psychosexuelle Anpassung und eine angemessene Lebensqualität ist die Langzeitbetreuung der Eltern und Kinder mit EEC von der Geburt bis zum Erwachsenenalter durch ein multidisziplinäres Expertenteam entscheidend wichtig.
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