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Wollhaare
Krankheitsdefinition
Wolliges Haar ist eine seltene angeborene Anomalie der Struktur des Kopfhaares, die durch extreme Kräuselung des Haares gekennzeichnet ist.
ORPHA:170
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Für diese Krankheit ist ein aktuellere Kurzbeschreibung in der englischen Version verfügbar
Epidemiologie
Die Prävalenz ist nicht bekannt.
Klinische Beschreibung
Das Wollhaar ist entweder schon bei Geburt vorhanden, oder es entwickelt sich in den ersten Lebensmonaten. Die Locken mit einem mittleren Durchmesser von 0,5 cm liegen eng beieinander und erschweren das Kämmen. Evtl. ist das Haar abnorm brüchig. Die Wachstumsrate der Haare ist in der Regel normal, jedoch kann die Anagen-Phase abgekürzt sein, sodaß die Haare nicht besonders lang werden. Von der Form, die die gesamte Kopfhaut betrifft, wird ein umschriebenes Auftreten von Wollhaaren in Form eines Wollhaar-Naevus unterschieden.Weiterhin wurde ein diffuses, partielles Wollhaar-Syndrom beschrieben, das sich in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter manifestiert. In vielen Fällen ist das wollige Haar mit einer Hypotrichose verbunden. Wollhaare können isoliert oder als Symptom eines Syndroms in Kombination mit dilatativer Kardiomyopathie und palmoplantärer Keratodermie (Carvajal-Syndrom, s.dort), mit arrhythmogener rechtsventrikulärer Kardiomyopathie und palmoplantärer Keratodermie (Naxos-Krankheit, s.dort) oder mit Wachstumsstörungen und neurologischen Symptomen (Menkes-Krankheit, s.dort) auftreten.
Ätiologie
Isolierte Formen sind meist auf homozygote oder manchmal compound-heterozygote Mutationen in den Genen von Lipase H (LIPH) und dem Lysophosphatidinsäure-Rezeptor 6 (LPAR6) zurückzuführen, die über einen gemeinsamen Signalweg eine wichtige Rolle bei der Kontrolle des Haarwuchses und der Ausbildung der Haarstruktur spielen. Nur bei sehr wenigen Patienten wurden heterozygote Mutationen in zwei Keratingenen, nämlich KRT74 und KRT71, beobachtet. Die syndromalen Formen sind auf Mutationen in Desmoplakin (DSP) (Naxos-Krankheit), Plakoglobin (JUP) (Carvajal-Syndrom) und ATPase Kupfer transportierendem Alpha-Polypeptid (ATP7A) (Menkes-Krankheit) zurückzuführen. Erst kürzlich wurden Mutationen in KANK2-Gen identifiziert, das für das Steroidrezeptor-Koaktivator-(SRC)-interagierende Protein (SIP) für eine Familie mit wolligem Haar und Keratodermie ohne begleitenden Herzfehler kodiert. Die Ätiologie von diffusem, teilweise wolligem Haar und von sporadisch auftretenden wolligen Haarnävi ist unbekannt.
Diagnostische Verfahren
Eine gründliche dermatologische Untersuchung mit einer Bewertung der gesamten Haut sollte durchgeführt werden und kann auch alle damit verbundenen Manifestationen identifizieren. Die licht- und elektronenmikroskopische Untersuchung der Haarschäfte zeigt einen elliptischen Querschnitt, Kaliberschwankungen, Achsdrehung und Knickbildung sowie eine inhomogene Keratinisierung. In einigen Fällen ist die Trichorrexis nodosa offensichtlich. Bei Bedarf kann das Anagen/Katagen-Verhältnis mit einem Trichogramm bestimmt werden. Bei diffusem, teilweise wolligem Haar kann histopathologisch ein Anstieg der Zwischenfollikel festgestellt werden.
Differentialdiagnose
Die Differentialdiagnose umfasst das erworbenes progredientes krauses Haar, Allotrichia circumscripta symmetrica, erworbenes partiell krauses Haar (siehe diesen Begriff) und das medikamenteninduzierte Kraushaarsyndrom.
Genetische Beratung
Generalisierte Formen aufgrund von KRT74- und KRT71-Mutationen sind autosomal-dominant, und Formen aufgrund von LIPH- und LPAR6-Mutationen sind autosomal-rezessiv. Syndromale Formen sind alle rezessiv. Es können auch sporadische Formen auftreten. Follikelmosaik ist wahrscheinlich, während eine autosomal-dominante Übertragung auch für diffuses, teilweise wolliges Haar diskutiert wurde.
Management und Behandlung
Derzeit ist keine Behandlung verfügbar. Je nach Größe und Lage können wollige Haarnävi entfernt werden. Starke physikalische und chemische kosmetische Behandlungen sollten vermieden werden. Bei Verdacht auf ein Syndrom ist eine umfangreiche interne Untersuchung mit einer detaillierten kardiologischen Diagnostik erforderlich.
Prognose
Wolliges Haar ist in der Kindheit am stärksten ausgeprägt; die Erscheinungsformen werden im Erwachsenenalter oft weniger stark.
Zusatzinformationen