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Polycythaemia vera
Krankheitsdefinition
Die Polycythaemia vera (PV) ist eine erworbene myeloproliferative Erkrankung und gekennzeichnet durch erhöhte absolute Erythrozytenmasse als Folge unkontrollierter Erythropoese, häufig in Verbindung mit unkontrollierter Produktion von Leukozyten und Thrombozyten.
ORPHA:729
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Erythrozytose, erworbene primäre
- Erythrämie
- PV
- Polycythaemia rubra vera
- Polyzythämie, echte
- Vaquez-Krankheit
- Vaquez-Osler-Krankheit
- Prävalenz: 1-5 / 10 000
- Erbgang: Nicht anwendbar
- Manifestationsalter: Alle Altersgruppen
- ICD-10: D45
- ICD-11: 2A20.4
- OMIM: 263300
- UMLS: C0032463
- MeSH: D011087
- GARD: 7422
- MedDRA: 10036057
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Jahres-Inzidenz wird auf 1:36.000-1:100.000, die Prävalenz auf 1:3.300 geschätzt. Die PV tritt in jedem Alter auf, am häufigsten zwischen 50 und 70 Jahren.
Klinische Beschreibung
Die Symptome beginnen plötzlich mit Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Schwindel, Tinnitus, Sehstörungen und Juckreiz nach dem Baden mit auffälliger Rötung des Gesichtes, der Handflächen, Nagelbetten, Schleimhäute und Konjunktiven. Mögliche begleitende Komplikationen sind arterielle Thrombosen (Hirn, Myokard, Peripherie), Angina pectoris, Claudicatio intermittens oder venöse Thrombosen, z.B. tiefe Venenthrombosen, Lungenembolie, abdominelle Thrombosen (Pfortader-Thrombose und Budd-Chiari-Syndrom; s. diese Termini) und Blutungen, z.B. Zahnfleischblutungen, Ekchymosen und Magendarmblutungen. Auch Splenomegalie ist ein mögliches Symptom. Bei einer Minderzahl der Patienten treten, meist in einem späten Stadium, Myelofibrose, akute Leukämie oder ein myelodysplastisches Syndrom auf.
Ätiologie
Die Symptome der PV stehen in Zusammenhang mit der erhöhten Viskosität des Blutes durch die erheblich vermehrte Zahl der Blutzellen und daraus resultierender Störung der Mikrozirkulation. Ursache ist die Vermehrung abnormer klonaler Stammzellen, wodurch Wachstum und Reifung der normalen Stammzellen beeinträchtigt oder unterdrückt werden. Die genaue Genese der Stammzell-Transformation ist noch umstritten, aber die überwiegende Mehrheit der Patienten haben eine somatische Mutation (JAK2-V617F) im Exon 14 des JAK2-Gens (9p24). Weniger häufig ist eine somatische Mutation im Exon 12 von JAK2.
Diagnostische Verfahren
Zur Diagnose führt die Kombination einiger der folgenden Kriterien: Bei männlichen Patienten Hämatokrit (Hk) über 52% oder Hämoglobin (Hb) über 185 g/L, bei weiblichen Patienten HK über 48% oder Hb über 165 g/L, auf mehr als 125% der Norm erhöhte Erythrozytenmasse, der Nachweise von V617F oder einer Exon12-Mutation im JAK2-Gen, niedrige Spiegel des zirkulierenden Erythropoetins (Epo), spontane Koloniebildung von Erythrozyten-Vorstufen und in seltenen Fällen ohne JAK2-Mutation Hinweise auf eine myeloproliferative Erkrankrankung im Knochenmarkpunktat.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnostisch müssen eine Ph1-negative myeloproliferative Erkrankung (MPD), einschließlich Essentielle Thrombozytose und Agnogene myeloische Metaplasie (s. diese Termini) ausgeschlossen werden. Bei Patienten mit Polyglobulie ohne JAK2-Mutation muss an Ursachen einer kongenitalen primären Erythrozytose und an sekundäre Erythrozytose (s. diese Termini) gedacht werden. Wenn in der gleichen Familie PV und MPD auftreten, ist an die Diagnose einer familiären Prädisposition zu MPD zu denken.
Management und Behandlung
Die PV wird nach den Besonderheiten jedes einzelnen Patienten beurteilt. Zur Verbesserung der Blutzirkulation besteht die Behandlung in Aderlässen. Dabei wird ein Hk von 45% angestrebt. Bei Patienten mit erhöhtem Thromboserisiko (Alter über 60 Jahre, vorangegangene Thrombose, periphere Gefäßerkrankung, Hypertonie) ist eine Reduktion der Zellzahl zu erwägen. Standard für ältere Patienten ist dabei die Therapie mit Hydroxy-Harnstoff. Bei Patienten ohne spezifische Kontraindikation reduziert niedrig dosiertes Aspirin das Thromboserisiko. Bei schwangeren Patientinnen kann eine Therapie mit Interferon-Alpha vorgeschlagen werden. Für eine Reduktion der Thrombozytenzahlen kann auch Anagrelid angewendet werden.
Prognose
Die PV ist eine chronische Erkrankung. Die Lebenserwartung behandelter Patienten wird in der Literatur als identisch mit der Normalbevölkerung oder als verringert (gegenüber der Normalbevölkerung 1,6-fach erhöhte Mortalität) angegeben.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: English (2010) Español (2010) Français (2010) Italiano (2010) Nederlands (2010) Português (2010)
Detaillierte Informationen
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- Deutsch (2016, pdf) - MPN-Netzwerk
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