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Rotor-Syndrom
ORPHA:3111
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Das Rotor-Syndrom (RT) ist eine benigne, erbliche Funktionsstörung der Leber mit chronischer, überwiegend konjugierter, nicht-hämolytischer Hyperbilirubinämie bei normaler Leberhistologie. Das RT ist sehr selten, die Prävalenz ist nicht bekannt, bisher wurden in der Literatur mehr als 50 Fälle beschrieben. Meist wird die Störung erst bei Kindern oder Adoleszenten diagnostiziert, obwohl ein leichter Ikterus oft schon nach der Geburt bemerkt wird. Hauptsächliches Symptom ist ein leichter bis moderater rezidivierender Ikterus ohne Pruritus. Selten treten Attacken von Leibschmerzen mit leichtem Fieber auf. Das Gesamt-Serumbilirubin (50-80% in der konjugierten Form) ist erhöht, meist auf 2-5 mg/dL. Hämatologische Tests, Aktivität der Leberenzyme und Leberhistologie sind normal. Dagegen ist die absolute und relative Konzentration des Koproporphyrins-1 im Urin erhöht. Hämolyse ist kein Merkmal des Syndroms, jedoch wurde über gemeinsame Vererbung mit hämolytischen Erkrankungen (G6PD-Mangel und beta-Thalassämie; s. diese Termini) berichtet. Das RT wird wahrscheinlich autosomal-rezessiv vererbt, da die Urinausscheidung von Koproporphyrin bei den Eltern und einem Teil der Geschwister von betroffenen Individuen intermediär zwischen den Werten des RT und der Norm liegt. Die Analyse der Retention gallegängiger Farbstoffe zeigt, dass das RT aus einer verringerten Speicherkapazität der Leber für konjugiertes Bilirubin und andere gallegängige organische Anionen resultiert. Da die genetische Grundlage nicht bekannt ist und weil die biochemischen und histologischen Merkmale unspezifisch sind, bleibt das RT bisher eine Ausschlussdiagnose. An das RT ist bei Patienten mit überwiegend konjugierter Hyperbilirubinämie und normaler Aktivität der Leberenzyme (Aminotransferasen, Alkalische Phosphatase, Gamma-Glutamyl-Transpeptidase) zu denken, wenn gleichzeitig eine Sepsis ausgeschlossen wurde, der Ultraschallbefund der Leber unauffällig ist und keine interferierenden Medikamente eingenommen werden. In diesem Zusammenhang sind (2,5- bis 5-fach) erhöhte Urinkonzentrationen der Gesamt-Koproporphyrine und des Koproporphyrin-1 unterstützende, aber nicht gänzlich spezifische Hinweise. Wenn alle diese Befunde vorliegen, kann die Diagnose in der Regel durch den Befund einer normalen Leberhistologie bestätigt werden. Die hauptsächliche Differentialdiagnose ist das Dubin-Johnson-Syndrom (DJS; s. dort). Anders als beim RT ist beim DJS die Urinausscheidung der Gesamt-Koproporphyrine normal, und die Leberbiopsie zeigt eine DJS-spezifische schwarz-braune Färbung der Leberzellen. Wenn eine Leberbiopsie nicht möglich ist oder abgelehnt wird, kann für die Differenzierung die 99mTc-HIDA-Choleszintigraphie (mit starker Nierenausscheidung beim RT) oder eine molekulare Analyse (mit Nachweis von ABCC2-Mutationen beim DJS) durchgeführt werden. Da das RT eine benigne Anomalie darstellt, ist eine spezifische Behandlung im allgemeinen nicht erforderlich. Die Betroffenen sollen jedoch Alkohol und lebertoxische Medikamente meiden. Da das RT eine gute Prognose hat, ist eine korrekte Diagnose wichtig, damit unnötige Diagnostik, Therapien und Kontrollen vermieden werden. Wenn eine begleitende chronische Lebererkrankung nicht besteht, gibt es keine Progredienz zu Leberinsuffizienz, -zirrhose oder -fibrose.
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