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Mikrodeletionssyndrom 15q13.3
Krankheitsdefinition
Das 15q13.3-Mikrodeletions-Syndrom ist gekennzeichnet durch ein weites Spektrum neurologischer Entwicklungsstörungen mit nur subtilen oder ganz fehlenden Dysmorphien.
ORPHA:199318
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz ist nicht bekannt. Bisher wurden nahezu 150 Fälle beschrieben, darunter auch eine Gruppe gesunder Verwandter von klinisch betroffenen Individuen. Männliche Deletionsträger entwickeln häufiger Symptome.
Klinische Beschreibung
Das Syndrom wird im Kindesalter oder im späteren Leben manifest. Symptome sind verzögerte Entwicklung vor allem im Spracherwerb, kognitive Störungen (bei etwa der Hälfte der Betroffenen, meist mild, manchmal moderat bis schwer), idiopathische generalisierte Epilepsie, Verhaltensstörungen aus dem autistischen oder psychotischen Spektrum (eingeschränkte expressive Sprache, mangelhafter Blickkontakt, repetitive Bewegungen, Hyperaktivität, impulsives und/oder aggressives Verhalten, gestörte soziale Interaktionen). Subtile Dysmorphien sind möglich (schräg abwärts verlaufende Lidspalten, prominente Nasenspitze, große Ohren, Strabismus, Klinodaktylie des Kleinfingers, pigmentierte Naevi). Häufig sind Kleinwuchs, Makrozephalie und Muskelhypotonie. Angeborene Herzfehler sind selten.
Ätiologie
Ursache des Syndroms sind submikroskopische Deletionen in der proximalen 15q-Region. Dieser Bereich ist für seine Instabilität und die hohe Dichte von Low-copy-Repeats (LCR) bekannt. Die LCR begünstigen nicht-allelische homologe Rekombinationen (NAHR) mit der Folge genomischer Rearrangements. In die Region 15q11q14 wurden in LCRs sechs Bruchpunkte (BP) kartiert. Eine rekurrente 1,5 Mb-Deletion in 15q13.3 zwischen BP4 und BP5 führt zum Verlust von sechs bekannten Genen, darunter CHRNA7. Haplo-Insuffizienz dieses Gens ist evtl. für die meisten bei dieser Deletion auftretenden neurologischen Entwicklungsstörungen verantwortlich. Gelegentlich beobachtete größere (BP3-BP5) Deletionen scheinen sich klinisch nicht zu unterscheiden. Etwa 25% der Deletionen treten als Neumutation auf, die übrigen Fälle werden autosomal-dominant mit variabler Expressivivität und unvollständiger Penetranz vererbt. Von den vererbten Fällen sind 25% väterlich und 75% mütterlich vererbt.
Diagnostische Verfahren
An die Diagnose soll bei jedem Säugling oder Kind mit Entwicklungsverzögerung / intellektuellem Defizit, Autismus, Schizophrenie, Krampfanfällen, Muskelhypotonie und/oder kleinen Dysmorphien gedacht werden. Die Mikrodeletion 15q13.3 kann mit konventioneller Zytogenetik nicht erkannt werden. Der Nachweis erfolgt mit FISH, MLPA und durch vergleichende genomische Array-Hybridisierung.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind andere Ursachen von intellektuellem Defizit, Schizophrenie, Autismus und Epilepsie. Durch DNA-Analyse werden andere proximale 15q-Anomalien mit einem ähnlichem klinischen Bild ausgeschlossen.
Pränataldiagnostik
Eine vorgeburtliche Diagnostik nach Chorionzottenbiopsie oder Amniozentese ist möglich.
Genetische Beratung
Die genetische Beratung muss, in Hinblick auf das sporadische und familiäre Auftreten des Syndroms und auf die Beobachtung, dass nicht alle Träger der microdel 15q13.3 das Syndrom entwickeln, behutsam erfolgen. In familiären Fällen erben Geschwister die Mikrodeletion mit einer Wahrscheinlichkeit von 50%.
Management und Behandlung
Die Behandlung wird durch das klinische Bild bestimmt. Für Patienten mit kognitiver Einschränkung und autistischem Verhalten werden frühe pädagogische Interventionen empfohlen. Epilepsie, Autismus und/oder Schizophrenie werden nach den aktuellen Leitlinien behandelt. Bei allen Deletionsträgern muss durch kardialen Ultraschall ein angeborener Herzfehler ausgeschlossen werden. Gesunde Deletionsträger bedürfen keiner Behandlung, es wird jedoch empfohlen, auf evtl. erst im späteren Leben auftretende medizinische Störungen, z.B. Schizophrenie, zu achten.
Prognose
Die Prognose wird durch das klinische Bild bestimmt. Träger, die als Kind Lernschwierigkeiten hatten, funktionieren als Erwachsene oft normal. Wenn kein Herzfehler vorliegt, scheint die Lebenserwartung nicht eingeschränkt zu sein.
Detaillierte Informationen
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Greek (2011, pdf)
- Polski (2011, pdf)
- Empfehlungen für den Gentest
- English (2014)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2015)
Zusatzinformationen