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Locked-In-Syndrome
Krankheitsdefinition
Das Locked-In-Syndrom (LIS) ist eine neurologische Störung mit anhaltend geöffneten Augen, Tetraplegie oder Tetraparese, Anarthrie, erhaltener kognitiver Funktion und einem primären Kommunikationscode, der vertikale Augenbewegungen oder Blinzeln verwendet.
ORPHA:2406
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz ist unbekannt, jedoch ist das LIS eine sehr seltene Störung. Bis 2009 wurden 33 Fälle veröffentlicht.
Klinische Beschreibung
LIS kann in jedem Alter auftreten, jedoch sind pädiatrische Fälle selten. Ein zweiphasiger Verlauf kann beobachtet werden: Eine anfängliche akute Phase unterschiedlicher Dauer, die durch Anarthrie, Beeinträchtigung der Atemfunktion, häufige Bewusstlosigkeit bzw. häufiges Koma und vollständige Paralyse, gefolgt von einer chronischen Phase, während der die Atemfunktion, die Fähigkeit zu schlucken und das Bewusstsein vollständig oder teilweise wiederhergestellt werden. Das LIS kann in 3 Kategorien unterteilt werden: Bei der klassischen Form sind die Patienten tetraplegisch und anarthrisch und bei Bewusstsein mit Bewegungen des oberen Augenlids und vertikalen Augenbewegungen; bei der unvollständigen Form weisen die Patienten immer noch begrenzte willentliche Bewegungen über die vertikalen Augenbewegungen hinaus auf, am häufigsten Bewegungen der Finger, der Zehen und des Kopfes; bei der totalen Form zeigen die Patienten eine vollständige Immobilität, auch der Augenbewegungen, bleiben aber bei Bewusstsein. Bei jeder der Kategorien können Patienten in seltenen Fällen ein transientes LIS durchmachen, das durch eine neurologische Verbesserung gekennzeichnet ist, die sogar vollständig sein kann. Allgemein bleiben die Empfindungs- und kognitiven Fähigkeiten erhalten, auch wenn es zu Einschränkungen des Gesichtssinns kommt (Unschärfe, Diplopie, beeinträchtigte Akkomodation). Berichtet wird über emotionale Labilität mit pathologischem Weinen oder Lachen.
Ätiologie
Die häufigsten Ursachen des LIS sind vaskulär oder traumatisch (Hirnstammläsionen, Beschädigung oder Okklusion der Arteria vertebralis oder der Arteria basilaris oder Kompression des Hirnstamms durch Hernienbildung am Tentorium). Zu den selteneren Ursachen gehören mesenzephalische Läsion, Subarachnoidalblutung, vaskulärer Krampf der Arteria basilaris, Hirnstammtumor, zentrale pontine Myelinolyse, Enzephalitis (siehe dort), ein pontiner Abszess, Arzneimitteltoxizität, Impfreaktionen und lang anhaltende Hypoglykämie.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose wird klinisch gestellt. Häufig registrieren Angehörige oder Pfleger des Patienten seinen Wunsch zu kommunizieren. Bei scheinbaren Wachkoma-Fällen ist systematisch auf Antwort mit Augenbewegunen nach verbalen Befehlen zu achten. Unzweideutige, aber begrenzte Anzeichen von Bewusstsein (bewusste Augenbewegungen oder Blinzeln), Fluktuationen der Wachsamkeit in der akuten Phase und weitere kognitive oder sensorische Defizite (Taubheit oder Dysakusis) führen zu diagnostischen Schwierigkeiten. Ein normaler und reaktiver EEG-Rhythmus sollte den Arzt alarmieren, ist jedoch für sich genommen nicht ausreichend, um das LIS von post-komatösen bewusstlosen Patienten zu unterscheiden. Funktionale Hirntomographien wie die Positronenemissions-Tomographie (PET) zeigen eine normale Stoffwechselaktivität, d.h. eine höhere als bei Wachkoma-Patienten. Bildgebende Verfahren des Gehirns (idealerweise MRI) zeigen isolierte Läsionen (bilaterale Infarkte, Hämorrhagie oder Tumore) des ventralen Teils des Pons oder des Mittelhirns.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind Koma, Wachkoma/nicht-reagierendes Wachsein oder minimaler Bewusstseinszustand.
Management und Behandlung
Das anfängliche Krankheitsmanagement besteht in Unterstützung der Atmung, Gastrostomie und Verhütung der durch verminderte Bewegung, Dysphagie und Inkontinenz bedingten Komplikationen. In der chronischen Phase besteht die Rehabilitation in Physiotherapie des Thorax, Wiederherstellung der eigenständigen Schluckfähigkeit und Kontinenz und der Entwicklung der Beweglichkeit der Finger, des Kopfes und des Halses. Sehr früh müssen mit dem Patienten augenabhängige Kommunikationscodes vereinbart werden. Gehirn-Computer-Kopplung (BCI) wird zunehmend als Hilfsmittel zur Bereitstellung einer direkten und spontanen Kommunikation eingesetzt.
Prognose
Die Prognose ist schlecht, da einige Patienten die akute Phase nicht überleben oder eine nur sehr begrenzte Erholung aufweisen. Zu den begünstigenden prognostischen Faktoren gehören ein früher Beginn der Erkrankung und eine frühe intensive Rehabilitation. LIS, das durch eine nicht-vaskuläre Gehirnverletzung verursacht wird, weist offenbar eine bessere motorische Erholung auf. Die Lebenserwartung ist stark reduziert.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: English (2012) Español (2012) Français (2012) Nederlands (2012) Italiano (2012) Polski (2012, pdf) Russian (2012, pdf)
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