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Kleefstra-Syndrom
Krankheitsdefinition
Das Kleefstra-Syndrom (KS) ist eine genetische Störung mit geistiger Behinderung, Muskelhypotonie im Kindesalter, mit stark verzögerter Entwicklung der expressiven Sprache, mit charakteristischem Erscheinungsbild des Gesichtes und einem Spektrum zusätzlicher klinischer Merkmale.
ORPHA:261494
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Für diese Krankheit ist ein aktuellere Kurzbeschreibung in der englischen Version verfügbar
Epidemiologie
Die Prävalenz ist unbekannt. Bis heute wurden 114 Fälle beschrieben.
Klinische Beschreibung
Patienten mit KS besitzen ein charakteristisches Erscheinungsbild des Gesichts: Brachy-Mikrozephalie, Mittelgesichtshypoplasie, ungewöhnliche Form der Augenbrauen, Synophrys, Amorbogen der Oberlippe, vollständig evertierte Unterlippe, Protrusion der Zunge und Progenie. Mit zunehmendem Alter werden die Gesichtszüge gröber und Fehlbildungen der Zähne, wie etwa Retention des Milchgebisses, werden beobachtet. Das Geburtsgewicht ist normal, jedoch leidet die Hälfte der Kinder später an Übergewicht. Hypotonie in der Kindheit verursacht eine Verzögerung in der motorischen Entwicklung, jedoch können die meisten Kinder mit 2 oder 3 Jahren eigenständig laufen. Die meisten Patienten haben eine mittelschwere bis schwere geistige Behinderung mit verzögerter Entwicklung der expressiven Sprache und nur geringer Sprachentwicklung (nonverbale Kommunikation ist möglich). Zu den weiteren Merkmalen zählen angeborene Herzfehler (Vorhofseptumdefekt (ASD), Pulmonalklappenstenose, biskuspidale Aortenklappe und Ventrikelseptum-Defekt), Genitalfehlbildungen bei männlichen Patienten (Hypospadie, Kryptorchismus, Mikropenis), Nierenstörungen (Hydronephrose, chronische Niereninsuffizienz, renale Zysten, vesiko-ureteraler Reflux), Epilepsie, wiederkehrende Infektionen, schwere Obstipation und Schwerhörigkeit. In der Pubertät/im Erwachsenenalter können Verhaltensprobleme auftreten (aggressive/emotionale Ausbrüche, Aufmerksamkeitsstörungen, selbstverletzendes Verhalten und schwere Schlafstörungen). Autismus-ähnliches Verhalten kann bereits vorher bei einigen Kindern beobachtet werden. Wiederkehrende Lungeninfektionen, Übergewicht und Verhaltensprobleme werden offenbar häufiger bei den Patienten mit KS berichtet, bei denen es auf eine Punktmutation zurückzuführen ist, während Mikrozephalie, eine geringe Körpergröße, Atemschwierigkeiten und Tracheomalazie häufiger bei KS-Patienten mit 9q34-Mikrodeletion gesehen werden.
Ätiologie
Das KS wird entweder durch eine Punktmutation im Gen der euchromatischen Histon-Lysin-N-Methyltransferase 1 (EHMT1) (selten) oder durch eine Mikrodeletion in der Chromosomenregion 9q34.3 (>85% der Fälle) verursacht. Größere Deletionen (>1Mb) sind mit schwereren Symptomen verbunden.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose des KS wird durch das Vorhandensein der charakteristischen klinischen Merkmale und durch molekulare Gentests gestellt.
Differentialdiagnose
Zu den Differentialdiagnosen zählen das Down-, das Pitt-Hopkins-, das Smith-Magenis-, das Rett- und das 2q23.1-Mikrodeletions-Syndrom.
Pränataldiagnostik
Eine vorgeburtliche Diagnostik wird für nicht betroffene Eltern eines Kindes mit KS angeboten, da bei ihnen ein erhöhtes Risiko besteht, ein weiteres Kind mit dieser Störung zu bekommen.
Genetische Beratung
Die meisten berichteten Fälle waren de novo, jedoch wurden Häufungen in Familien beobachtet. Das KS folgt einer autosomal-dominanten Vererbung.
Management und Behandlung
Die Behandlung erfordert ein multidisziplinäres Team, das auf Patienten mit geistiger Behinderung spezialisiert ist. Es wird eine Sonderschule und eine behindertengerechte Berufsausbildung neben Sprachtherapie, Physiotherapie und Ergotherapie sowie sensorischer Integrationstherapie ab einem frühen Alter empfohlen. Eine Standardbehandlung ist notwendig für Patienten mit Nieren-, Herz- und urologischen Problemen und bei Verlust des Gehörs. Psychiatrische Pflege und Verhaltenstherapie können erforderlich sein. Ein Screening auf Herzprobleme (zu Erkennung von Arrhythmien) und intestinale und renale/urologische Überwachung wird empfohlen. Medizinische Nachsorge ist lebenslang notwendig.
Prognose
Die Prognose bei KS ist unterschiedlich, aber in den meisten Fällen handelt es sich nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung.
Detaillierte Informationen
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Greek (2012, pdf)
- Leitlinien Anaesthesiologie
- Czech (2019)
- English (2019)
- Klinische Leitlinien
- Français (2021)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2019)
Zusatzinformationen