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Lesch-Nyhan-Syndrom
Krankheitsdefinition
Das Lesch-Nyhan-Syndrom (LNS) ist die schwerste Form des Hypoxanthin-Guanin Phosphoribosyltransferase (HPRT)-Mangels, einer erblichen Erkrankung des Purinstoffwechsels, die mit Überproduktion von Harnsäure (UAO), neurologischen Störungen und Verhaltensproblemen einhergeht.
ORPHA:510
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- HPRT-Mangel vom Grad IV
- HPRT-Mangel, kompletter
- Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase-Mangel, Grad IV
- Prävalenz: 1-9 / 1 000 000
- Erbgang: X-chromosomal-rezessiv
- Manifestationsalter: Kleinkindalter
- ICD-10: E79.1
- OMIM: 300322 308950
- UMLS: C0023374
- MeSH: D007926
- GARD: 7226
- MedDRA: 10057589
Zusammenfassung
Epidemiologie
Schätzungen der Prävalenz unter Lebendgeborenen liegen zwischen 1:380.000 und 1:235.000. Im Allgemeinen ist das männliche Geschlecht betroffen, heterozygote Konduktorinnen sind in der Regel frei von Symptomen.
Klinische Beschreibung
Die Patienten sind bei der Geburt normal. Drei bis sechs Monate nach der Geburt fällt eine verzögerte Entwicklung auf, mit verspäteter Kopfkontrolle und Sitzen, Hypotonie und athetoiden Bewegungen. Ein häufiges Symptom ist ein sandiger Urin oder eine Kristallurie mit Obstruktion der Harnwege. Die Patienten habe eine schwere Bewegungsdystonie und sind in der Ruhe hypoton. Mögliche Folgen sind die Unfähigkeit aufzustehen und zu gehen, sowie unwillkürliche Bewegungen unter Belastung. In der Ruhe besteht diese Bewegungsstörung nicht. Häufige Symptome sind Dysarthrie, Dysphagie und Opisthotonus. Später kommt es zu Spasktik, Hyperreflexie und Babinski-Reflex. In der Regel liegt ein leichtes bis moderates intellektuelles Defizit vor. Nach dem Zahndurchbruch kann es zu zwanghafter Selbstverletzung (Lippenbeißen oder Fingerkauen) kommen. Eine verminderte Schmerzempfindlichkeit besteht nicht. Die Selbstverletzungen stehen im Zusammenhang mit psychologischer Belastung und werden durch diese verstärkt. Aggressives Verhalten gegen Familienmitglieder und Freunde ist möglich. Häufig besteht eine eventuell auch schwere Megaloblastenanämie. Auch eine mikrozytäre Anämie kann auftreten. Mögliche Folgen der UAO sind Gelenkentzündung, Gichtarhtritis und Urolithiasis. Niereninsuffizienz oder Azidose treten nur selten auf.
Ätiologie
Ursache des LNS ist ein vollständiger Mangel der HPRT-Aktivität durch Mutationen im HPRT1-Gen (Xq26). Ursache der UAO sind mangelhafte Wiederverwendung und vermehrte Neusynthese von Purinen. Es wird vermutet, dass die Megaloblastenanämie durch erhöhten Verbrauch von Folsäure verursacht wird, sie wird jedoch durch Supplementierung mit Folsäure nicht gebessert. Die Ursache der neurologischen und Verhaltensstörungen ist unbekannt. Vermutet wird eine Störung der Neurotransmitter und ein toxischer Effekt des vermehrten Hypoxanthins.
Diagnostische Verfahren
An die Diagnose ist bei Patienten mit psychomotorischer Retardierung und erhöhter UA in Blut und Urin zu denken. Die Diagnose wird durch Nachweis des kompletten HPRT-Enzymmangels im peripheren Blut oder in intakten Zellen und durch molekulargenetische Testung bestätigt.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind Zerebralparese, andere Ursachen von intellektuellem Defizit, Dystonie und Selbstverletzung einschließlich Autismus, Tourette-Syndrom, Cornelia-de-Lange-Syndrom, idiopathisches intellektuelles Defizit und schwere psychiatrische Erkrankungen.
Pränataldiagnostik
Wenn die Mutation in der Familie bekannt ist, kann eine vorgeburtliche Diagnose durchgeführt werden.
Genetische Beratung
Die Vererbung ist X-chromosomal rezessiv, eine genetische Beratung ist unerlässlich.
Management und Behandlung
Die UAO wird mit Allopurinol, Alkalinisierung des Urins und ausgiebiger Wasserzufuhr behandelt. Die Dosierung muss angepasst werden, um eine Xanthin-Urolithiasis zu vermeiden. Für die neurologischen Störungen gibt es keine Behandlung. Spastizität und Dystonie können mit Benzodiazepinen und Gamma-Aminobuttersäure-Inhibitoren behandelt werden. Empfohlen werden körperliche Rehabilitationsmaßnahmen, Vorrichtungen für eine verbesserte Handkontrolle, Gehhilfen und Haltungskontrollen, um dem Auftreten von Deformitäten vorzubeugen. Die Selbstverletzung erfordert körperliche Fesseln, Verhaltenstherapie und pharmakologische Behandlung (Gabapentin, Carbamazepin). Mögliche Todesursachen sind Aspirationspneumonie oder Komplikationen der chronischen Nephrolithiasis mit Niereninsuffizienz.
Prognose
Auch mit optimaler Betreuung leben nur wenige Patienten länger als 40 Jahre. Die meisten Patienten sind rollstuhlpflichtig.
Detaillierte Informationen
Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
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- Review-Artikel
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- Klinische Leitlinien
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- Empfehlungen für den Gentest
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- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2020)
- Funktionelle Einschränkungen
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