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GRACILE-Syndrom
Krankheitsdefinition
Das GRACILE-Syndrom ist eine erbliche letale mitochondriale Störung und gekennzeichnet durch pränatale Wachstumsstörung (growth restriction (GR)), Aminoazidurie (A), Cholestase (C), Eisenüberladung (iron overload (I)), Laktazidose (L) und frühen Tod (early death (E)).
ORPHA:53693
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Fellman-Krankheit
- Wachstumsverzögerung-Aminoazidurie-Cholestase-Eisenüberladung-Laktatazidose-frühzeitiger Tod-Syndrom
- Prävalenz: <1 / 1 000 000
- Erbgang: Autosomal-rezessiv
- Manifestationsalter: Vorgeburtlich, Neugeborenenzeit
- ICD-10: E88.8
- ICD-11: 5C53.2Y
- OMIM: 603358
- UMLS: C1864002
- MeSH: C537934
- GARD: 1
- MedDRA: -
Zusammenfassung
Für diese Krankheit ist ein aktuellere Kurzbeschreibung in der englischen Version verfügbar
Epidemiologie
Das typische GRACILE-Syndrom mit homozygoter c.232A>G-Mutation im BCS1L-Gen tritt in Finnland gehäuft auf (Prävalenz bei Geburt etwa 1/50.000). Seltener tritt es auch in Schweden und Großbritannien auf.
Klinische Beschreibung
Die fötale Wachstumsstörung tritt früh in der Schwangerschaft auf, ohne Anzeichen einer chronischen Hypoxie. Wegen der geringen Größe des Fötus werden die Schwangerschaften in der Regel einige Wochen vor dem berechneten Termin abgebrochen (im Mittel nach 38 Wochen). Das Neugeborene ist klein für sein Schwangerschaftsalter (Geburtsgewicht etwa 1.700 g) und entwickelt während des ersten Lebenstages eine fulminante Laktatazidose (im Mittel pH 7,02, Laktat 12.8 mmol/l). Beim Stoffwechsel-Screening zeigt sich eine deutliche Aminoazidurie aufgrund einer Tubulopathie des Fanconi-Typs. Die Eisenüberladung zeigt sich durch erhöhte Ferritin-Werte im Plasma und durch verringerte Transferrin-Konzentrationen und eine Eisen-Akkumulation in der Leber. Weitere Anzeichen einer Hepatopathie sind Cholestase mit Steatose, Fibrose und Zirrhose. Auffallende Dysmorphien bestehen nicht. Als einzige neurologische Abnormalität wurden bisher nur Hörstörungen beschrieben.
Ätiologie
Ursache des GRACILE-Syndroms sind Mutationen im BCS1L-Gen (2q35). Es kodiert für ein Protein mit entscheidender Rolle beim Aufbau des Komplexes III der mitochondrialen Atmungskette. Bei finnischen Patienten wird die Erkrankung durch eine homozygote Mutation (c.232A>G / p.Gly78Ser) verursacht. Verschiedene, in jüngster Zeit entdeckte Mutationen in diesem Gen können unterschiedliche Phänotypen verursachen. Sie reichen von neonataler GRACILE-ähnlicher Hepatopathie und Tubulopathie über im Kleinkind- oder Kindesalter auftretende Enzephalopathie mit psychiatrischen Störungen zeigen (die alle bei der GRACILE-ähnlichen Krankheit beobachtet werden; siehe dort) bis zu mildesten Phänotyp, wie er beim Björnstad-Syndrom (siehe dort) beobachtet wird.
Diagnostische Verfahren
Der Verdacht auf das Vorliegen eines GRACILE-Syndroms folgt, wenn ein Säugling deutlich zu klein für sein Schwangerschaftsalter ist, wenn er eine Hypoglykämie und eine Laktatazidose entwickelt, eine Tubulopathie hat und erhöhte Ferritin-Werte sowie Anzeichen einer Leber-Dysfunktion aufweist. Eine Eisenüberladung zeigt sich durch erhöhte Ferritin-Werte im Plasma und verringerte Transferrin-Konzentrationen und eine Eisen-Akkumulation in der Leber. Bei Patienten finnischer Herkunft wird die Diagnose durch die Untersuchung des Einzelnukleotid-Polymorphismus bestätigt. Bei anderen Patienten sollte das gesamte BCS1L-Gen sequenziert werden. Die Respirometrie wird im Mitochondrien-Labor durchgeführt.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind andere mitochondriale Hepatopathien, z.B das Pearson-Syndrom (siehe dort), sowie mitochondriale Fettsäureoxidations-Störungen und Zitronensäurezyklus-Defekte (siehe jeweils dort), die ebenfall dem GRACILE-Syndrom ähnlich sind.
Pränataldiagnostik
Bei Familien, in denen zuvor ein Fall eines GRACILE-Syndroms oder einer GRACILE-ähnlichen Krankheit aufgetreten ist, kann die verursachende BCS1L-Mutation pränatal untersucht werden.
Genetische Beratung
Das GRACILE-Syndrom wird autosomal-rezessiv vererbt. Betroffenen Familien soll eine genetische Beratung angeboten werden.
Management und Behandlung
Es gibt keine kurative Therapie, nur eine rein symptomatische Behandlung ist möglich. Säuglinge benötigen Intensivpflege mit Alkali-Therapie und Substitution der über den Urin auftretenden Verluste. Die Laktatazidose spricht nur mäig auf die Behandlung an.
Prognose
Die Prognose ist ungünstig: Eine Hälfte der Säuglinge verstirbt schon innerhalb der ersten Lebenstage. Die anderen Patienten werden nicht älter als 4 Monate und versterben vor allem wegen Versagen des Energiestoffwechsels.
Für diese Krankheit ist eine Kurzbeschreibung in den folgenden Sprachversionen verfügbar: Italiano (2013) English (2020) Español (2020) Français (2020) Nederlands (2020) Polski (2013, pdf) Russian (2020, pdf)
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