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Paralyse, hyperkaliämische periodische
Krankheitsdefinition
Die Hyperkaliämische periodische Paralyse (HyperPP) ist eine Muskelerkrankung mit episodischen Attacken von Muskelschwäche in Verbindung mit erhöhtem Serumspiegel des Kaliums.
ORPHA:682
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Adynamia episodica hereditaria
- Familiäre HyperPP
- Familiäre hyperkaliämische periodische Paralyse
- Gamstorp-Syndrom
- HyperPP
- Hyperkaliämische PP
- Primäre HyperPP
- Prävalenz: 1-9 / 1 000 000
- Erbgang: Autosomal-dominant
- Manifestationsalter: Kindesalter
- ICD-10: G72.3
- OMIM: 170500
- UMLS: C0238357 C2930895
- MeSH: C535409 D020513
- GARD: 195
- MedDRA: -
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Prävalenz wird auf etwa 1:200.000 geschätzt.
Klinische Beschreibung
Die Attacken von Muskelschwäche setzen in der Regel bei Kindern im ersten Lebensjahrzehnt ein. Sie variieren in Häufigkeit, Dauer (wenige Minuten bis Stunden) und Schweregrad (fokale Parese bis völlige Paralyse). Sie betreffen in der Regel die Muskulatur der Gliedmaßen und sparen Gesichts- und Atemmuskulatur aus. Auslöser sind Ruhe nach körperlicher Aktivität, Fasten und Kälteexposition, daneben auch kaliumreiche Kost, Stress, Infektionen, Glukokortikoide, Anaesthesie und Schwangerschaft. Durch Fortsetzung körperlicher Aktivität werden die Symptome gemildert. Eine klinisch moderate, permanente und häufig Muskeln des Gesichtes (Lid-lag-Zeichen, Augenschluss-Myotonie) einschließende Myotonie wird bei 12,5% der Patienten gesehen. Bei mindestens 50% der Patienten wird während der Elektromyographie (EMG) eine elektrische Myotonie ausgelöst. Wenn die HyperPP von klinischer und elektrischer Myotonie begleitet ist, wird das Krankheitsbild als Hyperkaliämische periodische Paralyse mit Myotonie bezeichnet (s.dort). Eine andere spezifische Form der Krankheit, die Paramyotonia periodica, hat Merkmale mit der Paramyotonia congenita (s.dort) gemeinsam, nämlich durch Kälte und körperliche Aktivität ausgelöste Muskelsteife, die in Muskelschwäche übergeht.
Ätiologie
Die HyperPP ist eine Natrium-Ionenkanalkrankheit des Muskels, verursacht durch Punktmutationen (Thr704Met- und Met1592Val-Mutationen in 80% der Fälle) im SCN4A-Gen (17q23.1-q25.3), das für die Alpha-Untereinheit des spannungs-gesteuerten Natriumkanals Nav1.4 der Skelettmuskulatur kodiert. Durch diese Mutationen ist die physiologische Inaktivierung des Na-Kanals gestört.
Diagnostische Verfahren
Zur Diagnose führen die klinische Anamnese, das EMG und genetische Tests. Die Hyperkaliämie während der Attacken kann sehr milde und flüchtig sein. Der Serumspiegel der Creatinkinase ist evtl. leicht erhöht. Das klassische EMG zeigt myotone Entladungen und/oder myopathische Veränderungen. Der verlängerte Belastungstest ist in 80% der Fälle positiv (Abnahme des Compound-Aktionspotentials des Muskels nach Belastung um mehr als 30%). Die Befunde der Muskelbiopsie sind unspezifisch (Muskelfaseratrophie mit Vakuolen).
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind sekundäre HyperPP bei renalen und endokrinen Erkrankungen, andere familiäre periodische Paralysen, wie Hypokaliämische und Normokaliämische periodische Paralyse (s. diese Termini) und nicht-dystrophische Myotonien, wie die Paramyotonia congenita (s.dort).
Pränataldiagnostik
Bei bekannter ursächlicher Mutation in der Familie ist eine vorgeburtliche Diagnostik im Prinzip möglich, wird aber wegen der nicht lebensbedrohlichen Prognose selten erbeten.
Genetische Beratung
Die HyperPP wird autosomal-dominant mit vollständiger Penetranz und (auch innerhalb der gleichen Familie) variabler Expressivität vererbt. Den betroffenen Familien soll eine genetische Beratung angeboten werden (50%iges Risiko für Kinder Betroffener).
Management und Behandlung
Die Patienten werden medikamentös behandelt und müssen auslösende Faktoren vermeiden. Leichte körperliche Aktivität, Verzehr kohlenhydratreicher Drinks/Snacks oder Inhalation von Salbutamol bei Beginn der Attacken kann diese unterdrücken. Tägliche Einnahme von Carboanhydrase-Hemmern oder Thiazid-Diuretika hilft bei der Vorbeugung von Attacken. Teil der Diätführung sind regelmäßige Mahlzeiten (um Fasten zu vermeiden) und das Vermeiden kaliumreicher Nahrungsmittel.
Prognose
Mit zunehmendem Alter (in der Regel nach dem 40. Lebensjahr) werden die Episoden seltener, aber einige Patienten entwickeln in unterschiedlichem Ausmaß eine Myopathie mit bleibender Muskelschwäche.
Detaillierte Informationen
Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Polski (2010, pdf)
- Klinische Leitlinien
- Deutsch (2012)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2021)
Zusatzinformationen