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Pelizaeus-Merzbacher-Krankheit
Krankheitsdefinition
Die Pelizaeus-Merzbacher-Krankheit (PMD), eine X-chromosomale Leukodystrophie, ist gekennzeichnet durch verzögerte Entwicklung, Nystagmus, Muskelhypotonie, Spastik und unterschiedlich schweres intellektuelles Defizit. Nach Erkrankungsalter und Schweregrad werden drei Formen unterschieden: Konnatale Form, Übergangsform und klassische PMD.
ORPHA:702
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Hirnsklerose, diffuse familiäre
- Leukodystrophie, sudanophile, Typ Pelizeus-Merzbacher
- Pelizaeus-Merzbacher Hirnsklerose
- Prävalenz: 1-9 / 1 000 000
- Erbgang: X-chromosomal-rezessiv oder X-chromosomal-dominant
- Manifestationsalter: Alle Altersgruppen
- ICD-10: E75.2
- OMIM: 213900 312080
- UMLS: C0205711
- MeSH: D020371
- GARD: 4265
- MedDRA: 10067610
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die geschätzte Prävalenz ist 1:400.000. An PMD erkranken männliche Individuen, es wurde aber auch über weibliche Heterozygote mit einem milderen Phänotyp berichtet (PMD bei Überträgerinnen).
Klinische Beschreibung
Das klinische Spektrum der PMD ist breit. Die konnatale Form verläuft am schwersten: Von Geburt an bestehen Muskelhypotonie, Nystagmus, Dyspnoe und Stridor. Im weiteren Verlauf ist die motorische und kognitive Entwicklung verzögert, und es entwickelt sich eine spastische Tetraparese. Die klassische Form manifestiert sich in den ersten beiden Lebensmonaten mit Nystagmus und Muskelhypotonie, die fortschreitend in Spastik übergeht. Spätere Symptome sind Ataxie, gestörte motorische Entwicklung und intellektuelles Defizit. Die Übergangsform liegt im Schweregrad zwischen der konnatalen und der klassischen PMD. Die mildeste Ausprägung der PMD ist gekennzeichnet durch verzögerte körperliche und motorische Entwicklung, die im Alter von 2-3 Jahren einsetzt und später von spastischer Paraplegie, Ataxie und/oder leichtem intellektuellem Defizit begleitet ist. Sie kann nicht eindeutig vom PLP1-Null-Syndrom unterschieden werden. Dieses ist charakterisiert durch milde PMD-Symptome, zusammen mit peripherer Neuropathie und komplizierter Spastischer Parplegie 2 (SPG2, einer Krankheit, die in typischer Form primär durch spastischen Gang gekennzeichnet ist.
Ätiologie
Die PMD ist eine X-chromosomale Krankheit, verursacht durch Mutationen im PLP1-Gen (Xq22). Folge der Mutationen ist eine Hypomyelinisierung des Zentralnervensystems (ZNS). Auch die SPG2 ist durch Mutationen im PLP1-Gen verursacht, d.h., PMD und SPG2 sind allelische Krankheiten. PLP1 kodiert für das Proteolipidprotein PLP1, das häufigste Protein in den Myelinscheiden des ZNS. DM20 ist eine alternativ gesplicete Isoform. PLP1-Duplikationen führen zur klassischen PLP, Missense-Mutationen zur Verläufen, die von der konnatalen PLP bis zu reinen SPG2-Formen reichen, und PLP1-Nullmutationen sind Ursache des Null-Syndroms. Patienten mit ähnlichen klinischen Symptomen und nahezu identischen neuroradiologischen Befunden aber ohne PLP1-Mutation werden PMD-ähnliche Krankheit genannt (PMLD).
Diagnostische Verfahren
Zur Diagnose führen die klinischen, elektrophysiologischen und neuroradiologischen Befunde. Magnetresonanz-Bildgebung (MRI) zeigt vollständige (konnatale PMD, einige Übergangs-formen), partielle (milde PMD) oder diffuse (Null-Syndrom) Hypomyelinisierung. Auditorisch evozierte Hirnstammpotentiale (BAEP) ermöglichen die Unterscheidung von PMD (Fehlen der Wellen II-V) und PMLD (registrierbare II-V-Wellen). Durch Mutationsanalyse wird die Diagnose bestätigt.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnosen sind Krabbe-Krankheit, Canavan-Syndrom, Metachromatische Leukodystrophie, Alexander-Krankheit, Familiäre SPG, PMLD und Zerebralparese.
Pränataldiagnostik
Bei in der Familie bekannter Mutation sind pränatale Diagnostik und Präimplantationsdiagnostik möglich.
Management und Behandlung
Die Betreuung ist multidisziplinär und schließt Neurologen, Physiotherapeuten, Orthopäden, Pulmologen und Gastroenterologen ein. Therapeutische Maßnahmen sind erforderlich bei Dysphagie (Gastrostoma), Krampfanfällen (Antikonvulsiva), Spastik (Physiotherapie und spasmolytisch wirkende Medikamente [Baclofen, Diazepam, Tizanidin]) und Lungenfunktionsstörung bei schwerer Skoliose (chirurgische Korrektur). Regelmäßige Kontrollen sind erforderlich.
Prognose
Die PMD nimmt einen progredienten Verlauf, der durch den jeweiligen Phänotyp bestimmt wird. Bei den moderatesten Formen ist die Lebenserwartung recht hoch, und die Krankheit schreitet nach der Adoleszenz nur langsam fort. Bei den schwersten Formen tritt der Tod im zweiten Lebensjahrzehnt ein.
Detaillierte Informationen
Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Polski (2011, pdf)
- Greek (2011, pdf)
- Suomi (2011, pdf)
- Review-Artikel
- English (2011)
- Klinische Leitlinien
- Deutsch (2016)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2019)
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