Suche Krankheit
Weitere Suchoptionen
Immundefekt durch selektiven Antipolysaccharid-Antikörper-Mangel
ORPHA:70593
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Spezifischer Antipolysaccharid-Antikörper-Mangel
- Prävalenz: Unbekannt
- Erbgang: Multigenetisch/Multifaktoriell
- Manifestationsalter: Kindesalter, Kleinkindalter, Jugendalter, Erwachsenenalter
- ICD-10: D80.8
- OMIM: -
- UMLS: -
- MeSH: -
- GARD: 11903
- MedDRA: -
Zusammenfassung
Immundefizienz mit selektivem Mangel von Anti-Polysaccharid-Antikörpern ist charakterisiert durch normale Immunglobulinspiegel (einschließlich IgG-Unterklassen) bei gestörter Immunantwort auf Polysaccharide. Die genaue Häufigkeit ist nicht bekannt, es handelt sich aber wohl um eine seltene primäre Immundefizienz, da bisher in der Literatur nur etwa 100 Fälle beschrieben wurden. Erstmals manifestiert sich die Krankheit meist im Kindesalter, zwischen dem 2. und 7. Lebensjahr. Etwa 60% der Patienten sind männlich. Die Patienten leiden unter rezidivierenden bakteriellen Infekten, meist der Atemwege. Auslöser sind Bakterien mit einer Polysaccharid-Kapsel, z.B. Pneumokokken, Haemophilus influenzae, Meningokokken und Gruppe-B-Streptokokken. Sepsis und Meningitis sind seltener. Allergische Manifestationen werden in der Hälfte der Fälle beobachtet. Sehr wahrscheinlich hat diese Form der Immundefizienz mehrere Ursachen. Eine größere Häufigkeit in einigen ethnischen Bevölkerungen und die Beobachtung familiärer Fälle sprechen für die Beteiligung genetischer Faktoren. Über die Ursache der Krankheit gibt es unterschiedliche Hypothesen, am wahrscheinlichsten ist ein Defekt der B-Zellen in der Milzrinde. Tatsächlich werden hier die Polysaccharid-Antigene durch dendritische Zellen konzentriert und den B-Zellen präsentiert. Für diese Hypothese spricht auch die Beobachtung, dass splenektomierte Patienten eine verminderte Immunantwort auf Polysaccharide zeigen. Die Diagnose wird etabliert durch den Nachweis einer verminderten Immunantwort auf Polysaccharid-Antigene (in der Regel Haemophilus influenzae b-Vakzine) bei ganz normalen Immunoglobulin-Spiegeln (einschließlich IgG-Subklassen) und normaler Produktion von Antikörpern gegen Protein-Antigene (Tetanus-Toxoid, Diphtherie). Da die meisten Kinder unter 2 Jahren eine normale Polysaccharid-Antwort aufweisen, kann die Krankheit erst nach diesem Alter diagnostiziert werden. Differentialdiagnostisch müssen andere primäre Immundefizienzen mit ebenfalls gestörter Antwort auf Polysaccharid-Antigene ausgeschlossen werden, vor allem der IgG2-IgG4-Mangel. Eine defekte Produktion von Polysaccharid-Antikörpern wird auch beim Wiskott-Aldrich-Syndrom und der 'Common Variable ImmunoDeficiency' (CVID) gesehen. Kürzlich wurde ein Patient mit X-chromosomaler Agammaglobulinämie Typ Bruton (BTK-Mangel) beschrieben, der lediglich eine gestörte Polysaccharid-Antwort aufwies. Antibiotika sollten nicht nur therapeutisch, sondern auch prophylaktisch eingesetzt werden. Eine Substitution mit Immunglobulinen kann in Fällen hilfreich sein, bei denen die Antibiotika-Prophylaxe versagt. Auch ist eine Impfung mit konjugierter Anti-Pneumokokken-Vakzine erforderlich. Die Infektionen können in der Regel gut behandelt werden. Die Patienten müssen aber sorgfältig beobachtet werden, da sich im Verlauf der Krankheit eine schwerere Immun-Defizienz mit IgG-Subklassen-Mangel oder eine CVID entwickeln kann.
Zusatzinformationen