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Nächtliche Frontallappenepilepsie, autosomal-dominante
Krankheitsdefinition
Eine seltene Anfallserkrankung, die durch intermittierende Dystonien und/oder choreoathetoide Bewegungen gekennzeichnet ist, die während des Schlafes auftreten. Die Cluster der nächtlichen motorischen Anfälle sind oft stereotyp und kurz.
ORPHA:98784
Klassifizierungsebene: StörungZusammenfassung
Epidemiologie
In der Literatur sind bisher über 100 Familien beschrieben worden. Beider Geschlechter sind gleichermaßen betroffen.
Klinische Beschreibung
Das Erkrankungsalter variiert zwischen 3 und 47 Jahren (meist < 20 Jahre, mit einem Häufigkeitsgipfel im Kindesalter). Die autosomal-dominante nächtliche Frontallappenepilepsie (ADNFLE) ist definiert durch verschiedene motorische Ereignisse von zunehmender Komplexität und Dauer, die während des Non-Rapid-Eye-Movement-Schlafs (NREM) auftreten, einschließlich kurzzeitiger (2-4 Sek.) stereotyper Bewegungen, die die Gliedmaßen, die axiale Muskulatur und/oder den Kopf betreffen; paroxysmale Erregungszustände, die durch plötzliche und kurze Erregungszustände (5-10 Sek.) gekennzeichnet sind, die manchmal von stereotypen Bewegungen, Vokalisation und Angst begleitet werden; und große Anfälle (20-30 Sek.), die asymmetrische tonische oder dystone Haltungen oder komplexe Bewegungen (Beckenschieben, Strampeln, choreoathetoide und ballistische Bewegungen der Gliedmaßen) aufweisen. Einige Patienten können iktal herumwandernde Verhaltensweisen zeigen, die oft mit einem ängstlichen Ausdruck verbunden sind. Die Häufigkeit ist sehr variabel und reicht von 5 Anfällen pro Nacht bis zu 5 Mal pro Jahr. Tagsüber können Dyskinesien, generalisierte Anfälle und Auren auftreten. Der Intellekt ist in der Regel erhalten oder leicht vermindert und es kann eine psychiatrische Komorbidität auftreten. Die paroxysmale hypnogene Dyskinesie (PHD), die früher als eine Form der paroxysmalen Dyskinesie charakterisiert wurde, wird jetzt als ADNFLE angesehen.
Ätiologie
ADNFLE entsteht durch eine Fehlfunktion in den thalamo-kortikalen Regelkreisen. Die beteiligten Gene sind CHRNA4 (20q13.33), CHRNB2 (1q21.3), CHRNA2 (8p21), KCNT1 (9q34.3), DEPDC5 (22q12.3), CRH (8q13), und CABP4 (11q13.2).
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose beruht hauptsächlich auf der klinischen Anamnese, die mindestens eines der folgenden vier Kriterien aufweist: Dauer des motorischen Ereignisses von weniger als 2 Minuten; unstrukturierte Vokalisation während des Anfalls; Erleben einer Aura, die dem motorischen Anfall vorausgeht; Anamnese tonisch-klonischer Anfälle im Schlaf. Die Diagnose wird auch durch Aufzeichnung der Anfälle mittels nächtlicher Video-Polysomnographie (V-PSG) gestellt und durch ein genetisches Screening bestätigt.
Differentialdiagnose
Zu den Differentialdiagnosen gehören paroxysmale Dyskinesien, familiäre fokale Epilepsie mit variablen Herden, Restless-Legs-Syndrom, periodische Bewegungsstörungen der Gliedmaßen (PLMS), REM-Schlaf-Verhaltensstörungen (RBD), nächtliche Panikattacken, Non-REM-Parasomnien, obstruktives Schlafapnoe-Syndrom und Erregungsstörungen.
Genetische Beratung
Die Vererbung ist autosomal-dominant mit einer Penetranz von 60 % bis 80 %. Es wurde eine hohe intrafamiliäre Heterogenität beschrieben. Sporadische Fälle können auftreten.
Management und Behandlung
Die Behandlung der Wahl bei ADNFLE umfasst den Einsatz von Carbamazepin (200-1.000 mg/Tag). Carbamazepin führt in 20 % der Fälle zu einer Anfallsfreiheit und in weiteren 48 % zu einer signifikanten Linderung (mindestens 50 % Anfallsreduktion). Oxcarbamazepin, Topiramat und Acetazolamid (als Add-on-Therapien) können ebenfalls eingesetzt werden. Transdermale Nikotinpflaster können bei Patienten, die refraktär auf Standard-Antiepileptika sind, wirksam sein. Chinidin, ein Kaliumkanalblocker, wurde nur bei wenigen Patienten mit KCNT1-Mutation, die in ADNFLE und Epilepsie des Kindesalters mit wandernden fokalen Anfällen (EIMFS) involviert ist, als potenzielles Therapeutikum beschrieben. Eine chirurgische Behandlung kann bei medikamentenresistenten Patienten indiziert sein, sowohl bei Anfällen als auch bei epilepsiebedingten Schlafstörungen. Bei ADNFLE-Betroffenen werden neuropsychologische Tests und eine psychiatrische Beurteilung empfohlen.
Prognose
ADNFLE ist lebenslang, aber nicht progressiv. Wenn eine Person das mittlere Alter erreicht, können die Anfälle milder und weniger häufig werden.
Detaillierte Informationen
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Hebrew (2020, pdf)
- Review-Artikel
- English (2014)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2018)
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