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Akute demyelinisierende inflammatorische Polyradikuloneuropathie
Krankheitsdefinition
Die Akute entzündliche demyelinisierende Polyradikuloneuropathie (AIDP) ist eine entzündliche Neuropathie aus dem klinischen Spektrum des Guillain-Barré-Syndroms (GBS; s. dort).
ORPHA:98916
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- AIDP
- Guillain-Barré-Syndrom, akute entzündliche polyradikuloneuritische Form
- Polyneuropathie, akute demyelinisierende idiopathische
- Polyneuropathie, akute inflammatorische
- Prävalenz: 1-9 / 100 000
- Erbgang: Multigenetisch/Multifaktoriell oder Nicht anwendbar
- Manifestationsalter: Alle Altersgruppen
- ICD-10: G61.0
- OMIM: 139393
- UMLS: C1963929
- MeSH: -
- GARD: -
- MedDRA: -
Zusammenfassung
Epidemiologie
Die Jahres-Inzidenz des GBS insgesamt schwankt zwischen 1:91.000 und 1:55.000. In Europa und Nordamerika ist die AIDP die häufigste Form des GBS (90% der Fälle), sodass in den westlichen Ländern GBS und AIDP oft synonym benutzt werden. Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten. Männer sind etwa 1,5 mal häufiger betroffen als Frauen.
Klinische Beschreibung
Der klinische Verlauf der AIDP wird in drei Phasen eingeteilt. (i) Die erste Phase dauert einige Wochen und ist gekennzeichnet durch schnell fortschreitende symmetrische Muskelschwäche, die in den Füßen beginnt, nach oben fortschreitet und in eine akute neuromuskuläre Paralyse münden kann. Auch sensorische Störungen (Paraesthesien, Taubheit), intensive Schmerzen und Muskelkrämpfe sind möglich. Andere befallene Bereiche sind die Atemmuskulatur (mit akutem Atemversagen als Folge, 20-30% der Patienten benötigen mechanische Beatmung), die Schluckmuskeln (mit daraus folgenden lebensbedrohlichen Aspirationen) und die Augenmuskeln (mit der Folge einer Ophthalmoplegie). Die tiefen Sehnenreflexe sind abgeschwächt oder erloschen. (ii) Während der zweiten Phase (mit unterschiedlicher Dauer) werden die muskulären Symptome stationär, aber andere Symptome (Herzrhythmusstörungen, arterielle Hypo- oder Hypertension, gestörte Magenmotilität) können hinzukommen. (iii) Während der dritten Phase, der Erholungsphase, die einige Monate oder länger dauert, bilden sich die Symptome langsam zurück. Viele Patienten behalten über viele Monate oder sogar Jahre Residuen (Schwäche, sensorische Störungen, Erschöpfung oder Schmerzen).
Ätiologie
In der Mehrheit der Fälle geht dem Beginn der Gliedmaßenschwäche eine Infektionskrankheit voraus, der häufigste Auslöser ist eine Infektion mit Campylobacter jejuni. Weiterhin genannt wurden Cytomegalievirus, Epstein-Barr-Virus, Mycoplasma pneumoniae und Haemophilus influenzae. Berichtet wurde auch über über das Auftreten der AIDP nach Impfungen und chirurgischen Eingriffen. Der pathologische Mechanismus ist nicht genau bekannt. Aktivierte Makrophagen infiltrieren die Myelinscheiden, was zur Zerstörung des Myelins und zu Demyelinisierung führt. Wahrscheinlich sind auch andere immunologische Mechanismen beteiligt.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose wird klinisch gestellt und ist evtl. schwierig. Erforderlich ist die Analyse des Lumballiquors. Die Elektromyographie ist hilfreich für die Sicherung der Diagnose und für die Identifizierung des GBS-Subtyps (AIDP oder die axonalen Formen AMAN und AMSAN ; s. diese Termini) sein.
Differentialdiagnose
Die Differentialdiagnosen sind zahlreich und umfassen medikamenten-induzierte Neuropathie, Polyneuropathie bei kritischen Krankheiten, Karzinomatose, Stoffwechselstörungen, akute Rhabdomyolyse und Kompression oder Entzündung des Rückenmarks oder der Spinalnervenwurzeln. Auch an Porphyrie, Vaskulitis, Diphterie, Myasthenia gravis, Botulismus, Polymyositis, Dermatomyositis, Hirnstamm-Enzephalitis, Meningitis, transverse Myelitis und Poliomyelitis, sowie an den Vitamin-B1-Mangel soll gedacht werden.
Management und Behandlung
Optimale Betreuung durch ein multidisziplinäres Team mit intensiv-medizinischer Ausstattung ist für die Behandlung unerlässlich. Die Therapie besteht in rasch beginnender Anwendung von intravenösem Immunglobulin oder Plasmaaustausch. Physiotherapie und rehabilitative Maßnahmen sind wichtig.
Prognose
GBS-Patienten haben eine unterschiedliche Prognose: Etwa die Hälfte der Patienten erholen sich vollständig, 20% sind nach 6 Monaten nicht mehr gehfähig und 3% sterben. Erschöpfung und Unverträglichkeit von Dauerbelastung können mehrere Jahre anhalten. Mehrere klinische, elektrophysiologische, serologische und klinisch-chemische Parameter wurden als Prädiktoren für einen ungünstigen Ausgang erkannt. *
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