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Glaukom, kongenitales
Krankheitsdefinition
Das angeborene oder kongenitale Glaukom ist ein entwicklungsbedingtes Glaukom, das durch eine Fehlentwicklung der Ableitungskanäle des Auges zustande kommt. Dies äußert sich in einem erhöhten Augeninnendruck, Vergrößerung des Augapfels (Buphthalmos), Augenhornhautödemen und Schädigung der Sehnerven, was klinisch zur klassischen Triade aus Epiphora (Tränenträufeln), Photophobie (Lichtscheu) und Blepharospasmus (Lidkrampf) führt.
ORPHA:98976
Klassifizierungsebene: Störung- Synonym(e):
- Buphthalmie
- Buphthalmus
- Primäres kongenitales Glaukom
- Prävalenz: 1-9 / 100 000
- Erbgang: Autosomal-rezessiv oder Nicht anwendbar oder Autosomal-dominant
- Manifestationsalter: Kleinkindalter, Neugeborenenzeit
- ICD-10: Q15.0
- OMIM: 231300 600975 613085 613086 617272
- UMLS: C0020302
- MeSH: -
- GARD: -
- MedDRA: -
Zusammenfassung
Für diese Krankheit ist ein aktuellere Kurzbeschreibung in der englischen Version verfügbar
Epidemiologie
Das angeborene Glaukom ist das häufigste Glaukom des Kindesalters. Die Prävalenz wird auf ungefähr 1/27.800 Geburten in Europa geschätzt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen, und die Krankheit tritt in 70-80 % der Fälle bilateral auf.
Klinische Beschreibung
Eine Diagnosestellung erfolgt bei ca. 80 % der Krankheitsfälle im ersten Lebensjahr. Der Krankheitsbeginn kann sich bis ins frühe Erwachsenenalter verzögern. Zur klassischen Krankheitstrias zählen Epiphora (Tränenträufeln), Blepharospasmus (Lidkrampf) und Photophobie (Lichtscheu). Betroffene Kinder zeichnen sich durch rote, wässrige Augen, und eingetrübte Augenhornhaut aus. Die Augen sind vergrößert, da sie im unreifen Zustand durch den erhöhten Augeninnendrucks gedehnt wurden. Kinder über drei Jahren entwickeln eine progressive Myopie (Kurzsichtigkeit) und einen schleichenden Gesichtsfeldverlust. Unbehandelt führt das kongenitale Glaukom ausnahmslos zur Erblindung.
Ätiologie
Die Ätiologie ist kaum geklärt; allerdings scheint die Behinderung des Kammerwasserabflusses im Winkel zwischen Iris und Cornea im Trabekelwerk zu erfolgen. Die genetische Kartierung in betroffenen Familien hat drei chromosomale Loci identifiziert: GLC3A auf Chromosom 2p22.2, GLC3B auf 1p36 und GLC3C auf 14q24.3-q31.1, von denen das CYP1B1-Gen (2p22.2) im GLC3A-Locus Mutationen trägt. Ebenso wurden Mutationen in den Genen LTBP2 (14q24.3) und MYOC (1q23-q24) nachgewiesen.
Diagnostische Verfahren
Die Diagnose erfolgt durch eine vollständige ophthalmologische Untersuchung. Hierbei zeigt sich eine vergrößerte Augenhornhaut (Cornea) mit Eintrübungen, Haabsche Leisten (Haab-Striae), ein erhöhter Augeninnendruck (über 20 mm Hg), eine tiefe vordere Augenkammer, eine abnorm hohe Aufhängung der Iris, ein schwach entwickelter Sklera-Sporn (mittels Gonioskopie), Auffälligkeiten des Sehnervenkopfes (Papille), und im Sehtest nachgewiesene Kurzsichtigkeit (Myopie) und Astigmatismus (Hornhautverkrümmung). Wenn nötig erfolgt die Untersuchung unter Betäubung.
Differentialdiagnose
Die Differentialdiagnosen für rötlich-wässrige Augen sind Tränengang-Obstruktion, Konjunktivitis (Bindehautentzündung), Hornhautverletzung und Uveitis (Gefäßhautentzündung), während diejenigen für Hornhautvergrößerung starke axiale Myopie und Megalokornea beinhalten. Zu den Differentialdiagnosen für eine eingetrübe Hornhaut und Hornhautödeme zählen angeborene Corneadystrophien, Geburtstrauma, Keratitis, angeborene Augenanomalie oder Speicherkrankheiten, wohingegen Differentialdiagnosen für ein 'Cupping' des Sehnerven (becherförmige Ausbuchtung des N. opticus) ein physiologisches Cupping, Colobom der Papille, genetisch optische Atrophie (siehe diese Termini) und Hypoplasie des Sehnerven umfassen.
Pränataldiagnostik
Durch eine Pränataldiagnostik kann das Krankheitsrisiko in Familien mit bekannten Mutationen bestimmt werden.
Genetische Beratung
Die meisten Krankheitsfälle sind sporadisch, während in etwa 10 % der Fälle ein autosomal-rezessiver Erbgang mit variabler Penetranz nachweisbar ist.
Management und Behandlung
Das kongenitale Glaukom wird in erster Line chirurgisch behandelt, wobei eine medizinische Therapie lediglich unterstützend wirkt. Üblicherweise wird eine Goniotomie bei Kindern unter zwei bis drei Jahren empfohlen, wenn ihre Augenhornhaut klar ist. Eine Trabekulotomie wird Kindern angeboten, bei denen der Augenwinkel schlecht sichtbar ist oder wenn sie schon älter sind. Trabekulotomie und Glaukom-Drainageimplantate werden in therapieresistenten Fällen eingesetzt. Zu den Komplikationen zählen Schwachsichtigkeit (Amblyopie), Vernarbung der Hornhaut und Kataraktbildung. Die frühzeitige Wiederherstellung der Sehkraft ist wichtig, um einer Amblyopie vorzubeugen. Zur Kontrolle des Augeninnendrucks sind regelmäßige lebenslange Untersuchungen erforderlich.
Prognose
Die Prognose hängt stark vom Zeitpunkt der Patientenvorstellung ab. Eine frühzeitige Diagnose und unverzügliche chirurgische Behandlung beeinflussen signifikant die Sehstärke. Die meisten Patienten, die erfolgreich in ihrer Kindheit behandelt wurden, haben einen zufriedenstellenden Augeninnendruck, stabile Sehnerven und keine Sehfeldeinschränkungen bis ins Erwachsenenalter.
Detaillierte Informationen
Artikel für die allgemeine Öffentlichkeit
Artikel für Fachleute
- Zusammenfassung
- Greek (2014, pdf)
- Klinische Leitlinien
- English (2009)
- Français (2009)
- Empfehlungen für den Gentest
- English (2018, pdf)
- Review-Artikel (Klinischen Genetik)
- English (2017)
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